Sanssouci

1750-1801
Sanssouci
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Friedenskirche und Marlygarten

Der Friedensteich spiegelt die Kirche im ruhigen Wasser. Der Teich nimmt das Wasser der großen Fontäne auf.

Friedrich Wilhelm IV. (*15. Oktober 1795, 2. Januar 1865) war wohl der künstlerisch begabteste König (1840 bis 1865) der Preußen. Da, wo er gewohnt hat, könnte man mit dem größten Vergnügen heute noch sofort einziehen. Im herrlichen gelegenen Schloss Charlottenhof , unweit der Friedenskirche, im vom Josef Peter Lenné gestalteten Park von Sanssouci.

Natürlich hat so ein König nicht nur den besten Landschaftsarchitekten seiner Zeit, sondern auch seinen bevorzugten Hofbaumeister: Ludwig Persius, ein Schüler Schinkels. Persius assistierte u. a. Schinkel beim Bau des Schloss Charlottenhofes, den Römischen Bädern, der Großen Fontäne vor dem Schloss, der Orangerie und beim Normannenturm auf dem Ruinenberg. Und eben bei der Friedenskirche.

Nach den Vorstellungen des Königs sollte eine evangelische Kirche im Stile norditalienischer Klöster entstehen. Persius wurde nur 42 Jahre alt (1803 bis 1845). Die Heilandskirche in Sacrow war gerade fertiggestellt und mit diesem kirchlichen Rundbogenstil sollte auch diese Kirche aussehen. 

Mit dem Bau der Friedenskirche wurde nach dem Tod von Persius 1845 Friedrich August Stüler beauftragt. Die Grundsteinlegung fand am 14. April 1845 und die Weihung am 24. September 1848 statt. Die Nebengebäude wurden allerdings erst 1854 fertig.

Campanile der Friedenskirche zu Potsdam

Wie der Turm der Heilandskirche von Sacrow ist der Glockenturm freistehend.

Der Turm ist 42 Meter hoch und hat sieben offene Geschosse. Oberhalb der Uhr hängen die vier Glocken, die zwei Weltkriege wie durch ein Wunder überlebt haben. Sie waren schon vom Turm geholt und sollten für die Rüstungsindustrie eingeschmolzen werden.

Der Baustil

Alle Hohenzollern schienen einer tiefen Italiensehnsucht nachzuhängen. Auch diese Kirche hat Friedrich Wilhelm IV. römischen Vorbildern nachempfinden lassen. 

Campanile der Friedenskirche zu Potsdam

(zusammengesetzt aus 2 Hochkantaufnahmen mit 70 mm)

Die dreischiffige Säulenbasilika, Campanile und Rundbogenarkaden sind einer Kirche in San Clemente in Rom nachempfunden.

Nutzung

Die Kirche ist wirklich schön. Sie ist so ganz anders als die Feld- oder Backsteinkirchen in der Mark Brandenburg, die ja eher preußisch-karg daherkommen.

Der Zauber geht weniger von der Kirche selber als von der Leichtigkeit der gesamten Anlage aus. 

Ausschlaggebend ist die fantastische Lage. Auf der einen Seite des Friedensteiches und auf der anderen der Marlygarten am östlichen Ende des Parks von Sanssouci. 

Und natürlich die Leistungen Schinkels, Persius, Stülers und, nicht zuletzt, dem Auftraggeber König Friedrich Wilhelm IV., dem "Romantiker" auf dem Thron.

Im Zeitalter der Rechteck- und Flachdacharchtektur wäre so ein Ensemble heute nicht mehr zu errichten. 

Schämen sich Architekten heute eigentlich wenn sie vor so einer Anlage stehen? Oder die Bauherren?

Als uninformierter Außenstehender hat man den Eindruck, dass mehr Events als Gottesdienste hier stattfinden. Prominentenhochzeiten sind an der Tagesordnung. Die Tische hat ein Caterer für einen Empfang einer Autofirma mit Stern Ende Sept. 2009 aufgestellt. 

Gut so. Wie sonst kann man das hier alles unterhalten?

Das Heilsbronner Portal wurde 1860 hier eingebaut. Es ist eine originalgetreue Kopie aus Terrakotta des romanischen Tores des Refektoriums in Heilsbronn. In dieser Stadt liegen 25 Hohenzollern begraben.

Das Licht des Spätsommers gaukelt einem auch nach anderthalb Jahrhunderten immer noch ein Italienfeeling vor. Der persönliche Eindruck im Winter? Das dunkle Gehölz im Marlygarten verscheucht das südliche Feeling doch sehr. Vor allem wenn der Schnee durch die Rundbögen weht.

Preußisch-karge Baumaterialien und trotzdem schön!

Die überlebensgroße Christusfigur über dem Brunnen im Atrium ist eine Kopie. Das Original der 1821 von Thorvaldsen steht in der Frauenkirche in Kopenhagen.

Olle Moses kämpft, möchte man meinen. Nein, er betet nur, dass die Amalekiter von seinem Volk einen Kopf kürzer gemacht und besiegt werden. Er wird von Aron und Hur dabei gestützt. 

Hat sich ja nicht viel in der Ecke dort geändert - nur die Namen. Man sollte jede Art von Religion auf der Welt verbieten...

Nach einer Idee und nach Skizzen von Friedrich Wilhelm IV. schuf zwischen 1848-57 Daniel Christian Rauch diese (leicht übertriebene) Allegorie auf das Gottesgnadentum der Königsherrschaft - da denkt der Berliner: "Habn set nich ne Nummer kleener?"

Im Atrium: Moses

Der Knabe mit Buch

Betendes Mädchen

Daniel Christian Rauch schuf auch diese Figuren. Sie wurden so um 1854 in Zink gegossen und verschwanden irgendwann. Das hier ist ein Bronzenachguss von 1993.

Nur mal so gefragt: Wie kam ein König um 1850 in seine Kirche? Immerhin liegt seine Sommerresidenz im Schloss Charlottenhof ungefähr 1800m weit weg. Man hat ja keine Erfahrung, ist nie selbst König gewesen. 

Wie kam der König in seine Kirche?

Hat so ein wichtiger Monarch Zeit und Muße, zu Fuß zu gehen?

Ist man häufig im Park Sanssouci unterwegs, fällt einem das Fehlen von Ställen auf. Sind diese nach dem Bau der Eisenbahn oder nach der Erfindung des Autos abgerissen worden? 

Schließlich hatte jedes Schloss seinerzeit Marställe, Remisen, Stallungen jeder Art, selbst das Berliner Stadtschloss. Alleine diese Entfernung beträgt ja 30 km. Das ist soviel, wie ein Pferd mal gerade am Tag schafft.

Eine vierspännige Kutsche, scharf gefahren, musste von Schloss zu Schloss bestimmt zweimal an sog. Relaisstationen umgespannt werden, d. h. man benötigte 12 Pferde alleine für eine Fahrt. Die Regierungsgeschäfte mussten ja am Laufen gehalten werden.

Sanssouci musste also ziemlich viele Pferde gehabt haben. Aber wo standen sie, wo waren die Stallungen? 

Das Grüne Gitter ist der eigentliche Haupteingang vom Luisenplatz in Potsdam aus, am Ende der Allee noch Sanssouci.

Ludwig Ferdinand Hesse hat es entworfen und die Königliche Eisengießerei hat es 1854 gegossen. 

Eingelassen im Tor die vergoldeten Initialen König Wilhelm IV.

Die vier grünen Säulen des Altars (Altarziborium) sind aus sibirischem Jaspis. Sie sind ein Geschenk des Zaren Nikolaus I.

Das Mosaik der Apsis stammt aus einer Kirche aus dem 11. Jhd. auf der Insel Murano bei Venedig. 200 Jahre später musste die Kirche abgerissen werden. Noch als Kronprinz ersteigerte Friedrich Wilhelm das Kunstwerk und lies es für insgesamt 385 Thaler auf dem Wasserweg nach Potsdam bringen.

Der König wünschte sich eine flache Kassettendecke. In den blauen Feldern sind goldene Sterne zu sehen.

Die Grabplatten sind vor den Stufen zum Altar zu finden

Betritt man die Kirche, führt links eine Treppe hinunter in die Gruft zu den Sarkophagen aus Zinn.

Hier liegt der an mehreren Schlaganfällen gestorbene König und seine Gemahlin Elisabeth Ludovika, Prinzessin von Bayern.

Sie war die Tante (und Patentante) von Elisabeth von Österreich, die als "Sissi" bekannt ist und mindestens genau so hübsch.

Friedrich Wilhelm IV.

(*1795, 1861),

König von Preußen,

"Der Romantiker"

auf dem Thron

 Elisabeth Ludovika (*1801,   1873)


Prinzessin von Bayern, Königin von Preußen (um 1840, Wikipedia) 

Der Marlygarten

Blick aus dem Marlygarten auf die Friedenskirche

Dieses Stück mit dem seltsamen Namen ist der Ursprung des weltberühmten Parks von Sanssouci und, sehr viel später, die schönste Schöpfung Peter Josef Lennes. Die Mauer hinter dieser Säule ist von 1714 und damit das älteste Bauwerk in Sanssouci.

Friedrich Wilhelm I., König in Preußen, war alles Französische ein Greul, ja verhasst. Um seinen Hohn für den "Sonnenkönig", Ludwig XIV. von Frankreich, und für dessen Lustschloss, nicht weit von Versailles, Marly-le-Roi auszudrücken, nannte er den Küchengarten "Mein Marly".

Als König ab 1744 kümmerte er sich mehr um seinen Rokokopalais, den Terrassen davor und um den Park. Der Marlygarten blieb noch weitere 100 Jahre was er war: ein Küchengarten.

Dieser Garten ist etwa 5 Hektar groß und war einst ein Küchengarten. Friedrich Wilhelm I., der Soldatenkönig, (1688-1740) suchte hier zwischen Obstbäumen, Kohlköpfen, Spargelbeeten und grasenden Kühen gerne Erholung, weitab von seinem Schloss in Berlin, aus dem er mit großem Tross per Kutsche anreiste. Lenné wirkte aber erst 100 Jahre später hier.

Der Name

Sein Sohn, Kronprinz Friedrich, der spätere König Friedrich II., war da ganz anders. Hier kam ihm wohl der Gedanke für sein "Sans Souci", für sein Schloss "Ohne Sorgen". Er litt so sehr unter seinem allzu strengen Vater, dass er bestimmt schon aus Protest regelrecht frankophil war.

Erst ab 1845 ließ der Urgroßneffe des "Alten Fritzens", König Friedrich Wilhelm IV. seinen liebevoll "Gartengeneral" genannten Lenné hier einen herrlichen englischen Landschaftsgarten entwerfen.

Das goldige Mädchen auf der 5 m hohen Glassäule füttert Papageien

In den anderthalb Jahrhunderten danach ist dem Garten viel Übles erfahren. Jetzt ist/wird er wieder nach dem Genie Lenné so originalgetreu wie möglich hergerichtet.

Gehen Sie hin, wenn es blüht.

Ein Papagei muss Mitte des 19. Jhd. etwas ganz exotisches gewesen sein. Schließlich liefen hier nur wenig Freibeuter mit Augenklappe und Holzbein herum, die so einen Vogel auf der Schulter hatten.

Die Säule wurde vor wenigen Jahren aufwendig restauriert.

Das "Mädchen mit Papagei" wurde 1647 von Heinrich Berges geschaffen, in Zink gegossen und vergoldet.

Die kannelierte Säule ist aus blauem Glase. Die weiß-blaue Gestaltung sollte, ebenso die Farben am Schloss Charlottenhof , das Heimweh der Königin Elisabeth Luise nach ihrer bayerischen Heimat lindern.

Die Glassäule wurde in Schlesien hergestellt, in einer Schaffgott´schen Josephinenhütte.

Die ernst schauende Dame scheint Polyhymia zu sein, eine der 9 Musen in der griechischen Mythologie. Alle sind sie Töchter von Zeus.

Nach einem Entwurf von Christian Daniel Rauch von 1828 wurde der Guss von einem Emil Alexander Hopfgarten 1832 gefertigt.

Die Figur steht düster und verloren im ewigen Schatten unter zwei mächtigen Platanen.

Polyhymia ist die Muse der Hymendichtung, des Tanzes, der Pantomime und - wie verblüffend - der Geometrie. Sie wird immer sehr ernst dargestellt, oft mit einem Finger am Mund..

Das Gatter am westlichen Ende des Marlygartens zum Park Sanssouci

Der Marlygarten

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