Ist das nicht lustig? So eine verzerrte Perspektive!
Um so eine Aufnahme ohne Leute hinzubekommen, muss man früh aufstehen, auch wenn es kalt ist: minus 4°C am 04. April 2003, 8:00 Uhr.
Morgens um 8 ist die Welt noch in Ordnung. Der Pariser Platz hat noch seine Würde. Hinter dem
Brandenburger Tor rauscht leise der morgendliche Berufsverkehr, selten hastet ein Passant über das
schöne Pflaster an diesem kalten Aprilmorgen. Die Sonne bescheint das Tor mit weichem Licht optimal.
Es dauert nicht mehr lange und mit der Ruhe und der friedlichen Stimmung ist es vorbei.
Dann kommen die Touristen. In ihrem Gefolge erscheinen dann wie Schmeißfliegen hinter der Mistkarre
Typen in den idiotischsten Verkleidungen, um sich gegen Geld vor dem historischen Wahrzeichen mit
den Touris fotografieren zu lassen - und die zahlen auch noch dafür! Scheinbar reicht das Tor in einer
disneysierten Welt als Fotomotiv nicht mehr aus. Schade.
Gut, heute sind wir an hohe Gebäude
gewöhnt. Wir empfinden das Tor mit
seiner Höhe von 26 Metern, einer
Breite von 65,5 und einer Tiefe von 11
m nicht mal als gewaltig.
Aber der Mensch von 1791? Der, der
gerade aus dem tiefbewaldeten
Tiergarten kam? Der warf den Kopf in
den Nacken und staunte wie Sie, als
Sie das erste Mal in New York waren.
Rundherum gab es ja nichts
vergleichbar großes.
Und da, wo die beiden Figuren stehen,
wäre er sofort weggejagt worden. Die
mittlere und breiteste Durchfahrt war
nämlich nur von der königlichen und bis
zur Abdankung Wilhelm II. im Jahre
1918 von der kaiserliche Familie zu
benutzen.
Eine Ausnahme galt für den General
Ernst von Pfuel und seine Familie. Er
war Kommandant des preußischen
Sektors von Paris beim Sieg über
Napoleon.
Brandenburger Tor 1764
Wie imposant müssen die Säulen 1791 gewirkt haben!
Das alte Brandenburger Tor bestand nur aus zwei niedrigen Pfeilern und
einem Wach- und einem Zollhaus. Es wurde 1788 abgerissen. Am 16.
August 1789 fand in der Akademie der Künste eine Tagung statt, auf der
der Minister Johann Christoph von Woellner (1732-1800) einen
Verschönerungsplan für die Residenzstadt vorstellte.
Der studierte Theologe war bei König Friedrich II. ("Der Große" oder der
"Alte Fritz") in Ungnade gefallen, weil der die Frau nach dem Tod seines
ehemaligen Arbeitgebers - dort war er Hauslehrer -, General August
Friedrich von Itzenblitz, heiratete und der König diese "Mesalliance" nicht
duldete.
Aber der Nachfolger des Königs, Friedrich Wilhelms II., erhob ihn doch in
den Adelsstand und ernannte ihn zum Geheimen Kriegs-, Finanz- und
Domänenrat und zum Oberhofbau-Intendanten. 1788 war nun von
Woellner, Staats- und Justizminister und Chef des geistlichen Departments.
Was sagte Friedrich II?: " ...ein hinterlistiger und intriganter Pfaffe..."
Na, viel hat sich ja in der Politik im Allgemeinen und in Berlin im
Besonderen nicht verändert. Heute wäre der Freimaurer und Logengründer (Rosenkreuzler) in der CDU und, wenn es ihm zu heiß geworden wäre, ließe er sich nach Europa versetzen.
Erstaunlich: Ende Septeber 2007 gab es noch keine Schießbudenfiguren auf dem Pariser Platz.
03. Dezember 2006, 17:59 - Canon EOS 5 D - Canon Zoom Lens EF 24-105 mm (35 mm) - 1:4-5,6 IS,
UMS; f4; 1/10 sek, ISO 400
Aus ungewohnter Perspektive: Vom Hochhaus am Potsdamer Platz durch ein 800-mm-Tele gesehen
11. Dezember 2015, 8:00 Uhr
In den Tordurchgängen sind hochoben Reliefs zu sehen - und schwer zu fotografieren
Quadriga
Die Quadriga kommt aus dem Westen, um den Sieg über Frankreich zu verkünden
03. Dezember 2006, 18:03 - Canon EOS 5 D - Canon Zoom Lens EF 24-105 mm (105 mm) - 1:4-5,6
IS, UMS; f4; 1/2 sek, ISO 200
Quadriga nach dem II. Weltkrieg
Nicht Kriegshandlungen, sondern die abziehende Deutsche Wehrmacht zerstörte die Quadriga am 30. April 1945 gezielt selber. Am 2. April wehte dort oben die Rote Flagge.
Nur ein einziger Pferdekopf ist übrig geblieben und ist im Märkischen
Museum zu sehen. Man hatte aber mit dem Beginn der Bombardierung 1942 einen Gipsabdruck der Quadriga angefertigt.
Am 17. Juni 1953 zerfetzten Demonstranten des Volksaufstandes in der DDR diese auf der Ruine und hissten eine Schwarz-Rot-Goldene
Flagge ohne Hammer und Sichel. Aber Panzer schlugen den Aufstand nieder und die verhasste rote Flagge kam zurück.
Der Ostberliner Magistrat beschloss am 21.09.1956 den Wiederaufbau des einzigen erhaltenen Stadttores. Im Dezember 1957 war man fertig. Im Westen wurde die Quadriga nach dem hier lagernden Gipsabdruck in Friedenau bei der bekannten Gießerei Hermann Noak wiederhergestellt.
Die Gießerei kannte ein jeder, denn die "SBZ" (Sowjetische
Besatzungszone) leistete sich ein starkes Stück. Die fertige Quadriga
wurde dem Magistrat am 2. August 1976 übergeben - und die schafften die Figur noch in der Nacht in den Neuen Marstall. Sie zersägten sie wieder!
Die Stadtverordnetenversammlung in Ostberlin fand, das Eiserne Kreuz und der Preußenadler seien "Embleme des preußisch-deutschen Militarismus" und ließen die symbolträchtige Skulptur bis 1958 verschwinden und der Westen kochte vor Wut über den bescheuerten "Arbeiter- und Bauernstaat".
Als die Quadriga wieder auf dem Tor stand, meuterten die Westberliner: "Dit is die Rache. Die stelln die falsch uff!". Stimmt aber nicht. Sie fuhr immer gen Osten. Sylvester 1989/1990 kletterten Zuschauer aufs Tor, stahlen und demolierten vieles. Das gesamte Tor wurde 22 Monate lang generalüberholt.
Mal sehen, was die Geschichte noch so alles inpetto hat...