BERLIN - MITTE

33

  Berlin
 / 85
Alles Mitte, oder was?

Vom Schloss Bellevue zum Hackeschen Markt

Nördlich des Straßenzuges 17. Juni / Unter den Linden
Schloss Bellevue        Kongresshalle         Alsenblöcke         Molktebrücke

Schloss Bellevue

Schloss Bellevue (Mai 2009)
Schloss Bellevue (Juli 2015)
Wer alles schon durch diese Tür ging - nur Hape Kerkeling hat man nicht reingelassen.  Gerade ist die Queen da (23, - 26. Juni 2015).

Der vergessene Nationalfeiertag

Man stelle sich ein kleines Land vor. Viele Botschaften sind vertreten. Gibt es einen Nuntius (Vatikan), ist er der Doyen des diplomatischen Corps. Wenn nicht ist es der älteste Botschafter im Land. Hier war es der Deutsche.

Die Amis luden zum 4. Juli ein, bei den Franzosen gab es Rotwein und Käse am 14. Juli. Aber wann sollten die Deutschen das erwartete Sauerkraut und German Beer spendieren?

Deutschland hat ja erst seit der Wende, (seit 1990),  den 3. Oktober als Nationalfeiertag.
 
Also nahm man den 23. Mai als "Sauerkrauttag", dessen Bedeutung kaum ein Deutscher kannte: Es ist der Tag des Grundgesetzes (1949). Was doch eine Teilung eines Landes so alles mit sich bringt...
Wohnen wollte in dem Schuppen nie einer. Bis heute nicht.

Es wurde 1786 fertiggestellt und oft umgebaut. Ferdinand von Preußen, der Bruder Friedrich II. (später liebevoll Alter Fritz genannt) hat es
sich erbaut.

1938 diente es als Gästehaus der Nazis, 1941 wurde es durch Brandbomben zerstört.

Ab 1959 diente es als Berliner Amtssitz des Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland. Was jedes Mal den Osten zur Weißglut brachte, wenn der Präsident wirklich
mal da war.

Dann wurden die Interzonen- Autobahnen willkürlich für Stunden, angeblich wegen Manöver, gesperrt. Die Grenzabfertigungen wurden in unerträgliche Länge gezogen, Züge
wurden angehalten.

Und über der Stadt produzierten die schon verdammt lauten MIG´s einen Überschallknall nach dem anderen. Und was hat es den Idioten genutzt?

Jedenfalls waren die Renovierungen in den 50er Jahren eher ein Notbehelf. Die Zeitungen spotteten damals, es wäre eine Mischung aus
"Schauspieler-Seniorenresidenz mit dem Charme einer Eisdiele" entstanden. Das Schloss war schlicht unbewohnbar.

Die Bonner Politprominenz blieb eh lieber in der miefigen Stadt am Rhein. Adenauer hätte Westberlin ja am liebsten aufgegeben - bin ja nicht nachtragend, aber das war übrigens
das Ende jeder Sympathie für die CDU.

Die Wahl des Bundespräsidenten

Aber alle 5 Jahre zur Wahl des Bundespräsidenten rief man die Bundesvollversammlung in die geteilte Stadt ein.

Das Säbelrasseln des Ostens begann. Am Wahltag konnte man folgendes erleben. Mit dem Wagen auf der Rückfahrt von Prag wurde man plötzlich auf dem südlichen Berliner Ring auf einen Parkplatz gewunken. Es war kein Verkehr auf der holprigen Autobahn. Ein Offizier und 5 Muschpoken kontrollierten die Papiere. Sie hatten den Auftrag, alle Westfahrzeuge rauszuholen.
Es war kalt.

Nach 2 oder 3 Stunden Wartezeit auf dem freien Feld kam man doch ins Gespräch. Sie nahmen die Zigaretten, der Kerl da tat ihnen leid. Es stellte sich nach und nach heraus, dass sie nicht wussten, warum das eine Auto da festgehalten werden sollte, ja noch nicht mal, wo sie sich befanden.

Einmal kam der Offizier heran, schaute sich um, ob er von den anderen auch nicht gehört werden konnte, und frug ernsthaft, ob der Reisende nicht einen anderen Weg nach Westberlin nehmen könnte! Die Hochhäuser von Lichterfelde in Westberlin (oder West-Berlin? Über eine der Schreibweisen ärgerte sich garantiert immer eine Seite. Welche war das nur?) waren am Horizont zu sehen. Die armen Kerle hatten keine Ahnung. 

Wir verabschiedeten uns dann per Handschlag, als nach fast 4 Stunden der Funkspruch kam. War ja keiner da auf dem freien Felde.

Die Reise nach Prag ist längst vergessen. Der Tag aber nicht. Er lässt sich nachschlagen. Es war der 5. März 1969. Die 5. Bundesversammlung wählte Dr. rer. pol. Dr. jur. Gustav W. Heinemann zum Präsidenten der Bundesrepublik Deutschland. Und das in der "politisch selbstständigen Einheit Westberlin" (oder West-Berlin?, amtlich bei uns Berlin (West) - man, war das kompliziert!, wie die immer sagten.

Es war übrigens das einzige Mal in den 40 Jahren DDR dort auf dem kalten Parkplatz, dass man sich mal mit Vopos wenigstens etwas unterhalten konnte.

Kongresshalle, jetzt „Haus der Kulturen der Welt“

"Haus der Kulturen der Welt". Kein Wunder, dass es bei dem Namen, den ein Berliner kaum aussprechen kann weil er viel zu lang und sperrig ist, etwas in Vergessenheit geraten ist.
Blaue Stunde
Kongresshalle 1957
Skulptur Large Butterfly von Henry Moore
War das ein Schreck, als am 21. Mai
1980 vom Büro im 7. Stock des Europahauses aus plötzlich über dem Tiergarten eine Staubwolke zu sehen war! 

Bombe, Sprengstoffanschlag - sowjetische Düsenjäger tobten schon den ganzen Tag mit Überschallknallerei über Westberlin - was war geschehen?

Die Kongresshalle, liebevoll
Schwangere Auster genannt, hatte
die südliche Krempe verloren. Sie war
an Baumängeln eingestürzt. Der erste
Spannbetonbau in der Stadt war in
großer Eile errichtet worden. 

Die Halle  sollte zur Interbau im Hansaviertel pünktlich zum 28. April 1958 fertig werden. Es war ein Beitrag der Amerikaner zur Bauausstellung und ein Geschenk an Berlin. Und natürlich um den Osten zu ärgern.

Als Kongresshalle längst zu klein
geworden, fungiert sie seit 1987 -
etwas ungelenk für die Berliner Zunge
- als "Haus der Kulturen der Welt".

Unvergessen sind Konzerte in alten
Zeiten auf den Freitreppen im Sommer. Ohne jede Kontrolle einfach
auf den Wiesen herumzuliegen und
den Wolken hinterher schauen - gibt
es das noch?
Wie klein das doch einst so berühmte Bauwerk heute wirkt...
Seltene Perspektive: Mit 800 mm-Teleobjektiv vom Hochhaus am Potsdamer Platz aus aufgenommen. (Juni 2008)

Alsenblöcke

Dabei war es doch so schön gedacht: Hier sollten die Bundesbediensteten aus Bonn einziehen, Leute, die bis dato in kleinen Häusern der zersiedelten Umgebung der ehemaligen Hauptstadt wohnten. Hinten, auf der Nordseite, fährt die S-Bahn fast durch die Küche, vorne hat man wohl die Balkone vergessen. Ist das nicht sinnvoll geplant?

Der begriff Alsenblöcke ist aus der Mode gekommen. Das alte Alsenviertel war da wo die Schweizer Botschaft und das Bundeskanzleramt steht. Einst  gab es hier viele Botschaften und gute Wohnviertel.Wo jetzt das Haus auf dem Bild steht, war nach dem Krieg ein wildes Durcheinander von Speditionsgebäuden, Baracken und Stellplätzen.

Molktebrücke

Die Molktebrücke wurde nach dem Chef des Preußischen Generalstabes, Helmut von Molkte (1800-1891) benannt.
Im Hintergrund der Hauptbahnhof (2006)
Die Molktebrücke ist eine der schönsten in Berlin. Die reichen Verzierungen, die Figuren und Kandelaber auf der Brücke und der rote Mainsandstein sehen gegenüber den stählernen Zweckbauten einfach schön aus.

Fünf massive Gewölbebögen überspannen seit 1891 nach 5 Jahren Bauzeit hier die Spree. Zwei Vorgänger-Bauwerke hatten nicht
lange gehalten.
 
Im 2. Weltkrieg griff über diese Brücke im Endkampf die Rote Armee den Reichstag an. Schwere Kämpfe fanden hier statt. Der südliche Bogen wurde gesprengt, aber 1947 war sie wieder notdürftig repariert. Zwischen 1983 und 1986 wurde sie dann grundsaniert.
Man stelle sich heute so einen aufwendigen Brückenschmuck etwa an einer Spannbetonbrücke vor. Gäbe es überhaupt noch Künstler / Steinmetze / Gießer die so etwas herstellen könnten? Von der Frage der Bezahlung und des Geschmacks ganz zu schweigen...

... aber ein bisschen was für´s Auge könnte man uns auch heute bieten!

Literaturverzeichnis Berlin