BERLIN

Steglitz - Zehlendorf

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Berlin - Zehlendorf, Seite 10

Was in Zehlendorf besser sein könnte

1. Juli 2020

Nachdem das Bezirksamt das Nutzen des Wappens mit Mauerkrone auf diesen nichtkommerziellen Seiten (es war rechts in der Kopfzeile mit Mauerkrone) beanstandet hat - und Kräfte dafür abstellt, solche immensen Verstöße im Netz zu suchen - wird hier mal kurz gezeigt, was im Bezirk nicht alles so rund läuft.

Eine Birkenallee verkommt

- Mehr als 50 Birken gefällt 


- Keine Information über Neupflanzungen


- Mistelbefall seit mehr als 15 Jahren


- Hätten die Birken gerettet werden können?

Birkenallee. Januar 2008
Zwischen der Neuruppiner- und der Berlepschstraße gibt es einen Grünzug, der mit vier Reihen Birken bepflanzt ist. Oder besser war. Er hat keinen Namen, oder der ist auf Anhieb nicht zu finden. Das Grünflächenamt ist angeschrieben.

Die Birken haben hier eigentlich optimale Wachstumsbedingungen. Keine  versiegelten Flächen, keine Verdichtungen durch den Verkehr, keine Luftverschmutzung, kein Streusalz. Und doch haben sie einen Feind, der sie zum Absterben bringt: Misteln!

Info Birken

Es sind Hänge-Birken (auch Sand- oder Weiß-Birken) Betula pendula, die häufigste Art in ganz Europa und in Sibirien.
Ungefähr 40 Birkenarten gibt es. Wenn die Birken 50 Jahre alt sind, haben sie eine Höhe von ungefähr 25 m erreicht. 

Das Durchschnittsalter der Hänge-Birken liegt bei ca. 80 Jahren. Bei eigentlich so guten Standorten wie hier könnten sie auch 120 Jahre lang hier stehen - wenn die Misteln nicht wären.
Birkenallee, April 2015
Birkenallee, Oktober 2019
Altersbestimmungen bei Birken kann man Pi x Daumen so vornehmen: man misst den Umfang in 150 cm Höhe und multipliziert mit 0,4. Der dicke Baum ganz links im Bild hat da einen Umfang von 146 cm, der schräge Baum rechts 113 cm. Das könnte auf ein Alter von 60 und von 50 Jahren hindeuten. Danach könnte die Allee um 1960 angelegt worden sein (wird nachgeforscht).

Verblüffend: Die Methode hat gestimmt! Ein Bewohner der Siedlung sagte, die Gegend ist 1961 bebaut worden.
Birkenallee, Juni 2020

Info Misteln

Es handelt sich hier um die Weiße Mistel Viscum album album, die Laubholz-Mistel. Manche Systematiken zählen 1.400 Mistelarten. Misteln sind Halbschmarotzer. Ohne Gegenleistung für ihren Wirt saugen sie diesem Wasser und Nährstoffe ab. Photosynthese betreiben sie selber.

Da sie hoch in den Bäumen siedeln, bekommen sie für ihre Photosynthese immer genügend Sonnenlicht ab.

Misteln wachsen sehr langsam. Sie können bis zu 70 Jahre alt werden. Der Durchmesser beträgt dann bis zu einem Meter.

Die Senatsverwaltung Berlin hat ein Informationsblatt herausgegeben. Weit über 20.000 Straßenbäume sind in Berlin hauptsächlich bedingt durch die zunehmende Trockenheit mit Misteln befallen.
Birkenallee. November 2006
Hätte man nicht spätestens 2008 eingreifen müssen? An mindestens vier Stellen auf dem Bild wachsen neue Misteln heran. Die brauchen einige Jahre bis sie diese Größe erreichen.
Birkenallee, Januar 2008
Weiße Mistel am abgebrochenen Ast
Übrigens hat man in der Spanischen Allee 2020 an den wertvolleren Linden Misteln beseitigt.

Es geht also!
Abgebrochener Ast. Der Grund? Die Misteln sind zu schwer, bieten dem Wind zu große Angriffsflächen, bei einer kleinen Böe bricht erst der Ast, dann fällt der Baum um. Wassermangel kommt hinzu. Aufnahme vom 28. Juni 2020
Schon 2006 war der Befall ziemlich heftig. Normalerweise kommen die Bäume mit den Schmarotzern klar - wenn es genug Wasser gibt.

Aber die Trockenheit seit dem Sommer 2017 macht den Bäumen den Garaus. Der Rest wird wohl 2021/22 nicht mehr erleben. Erhebt sich die Frage: Hat das Bezirksamt vor 15 Jahren gepennt? Wenn schon, eine Frage ist da viel dringender:
Todeskandidaten, Februar 2020
Klar, Sturmtief. Gesunde Bäume halten das aber aus, 22. 02. 2022
Das war’s dann wohl mit den Birken in Zehlendorf, 22. 02. 2022

Was gedenkt das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf mit diesem einzigartigen Grünzug zu tun?

Versuche

Berliner Woche, Zeitung für Zehlendorf.  Nikolassee und Wannsee.


 
Der Versuch im November 2019, im Rahmen des 35. Jahrestag der Maueröffnung an der Glienicker Brücke die Journalistin Ulrike Martin für dieses Thema zu interessieren, ist leider fehlgeschlagen. Schade.
Grünflächenamt Zehlendorf
Ende Juni 2020 wurde das Grünflächenamt angeschrieben und zu dem Thema befragt.

Eine Antwort kam nie.

Resume

Wahrscheinlich will keiner im Bezirksamt etwas von diesem Thema wissen. Die Bilder beweisen, dass gegen den Mistelbefall seit mindestens 12 Jahren nichts unternommen wurde - warum auch immer. Man wird sich mit Personal- und Geldmangel rausreden.

Die Birken sind nicht mehr zu retten. Alle müssen gefällt werden. Erst dann könnten neue Bäume gepflanzt werden - wenn überall in der Gegend Misteln von allen anderen Bäumen entfernt wurden.

Da sollte man lieber an den Weihnachtsmann glauben, als daran, dass das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf das in den nächsten 10 oder 20 Jahren hinbekommtI Jetzt wird von hier aus eine Anfrage an den zuständigen Abgeordneten in der BVV gestartet.

Übrigens…

…werden in Stieglitz-Zehlendorf soviel Bäume gefällt wie nirgends in Berlin. Von 2018-2019 wurden im Bezirk 2367 Bäume gefällt, aber nur 967 neue gepflanzt. Das es besser geht - auch ohne Regierungsbeteiligung der Grünen - zeigt Lichtenberg. Hier wurden 580 Bäume entfernt. 763 kamen hinzu.*

*Quelle: Tagesspiegel vom 24. April 2021, Seite 11

Wildschweine

März 2015
Ach ja, Wildschweine gibt es ja auch noch reichlich. Im Juni 2020 wurden 500 m von hier weiter Richtung Down Town mitten in der Nacht welche erlegt. Die haben direkt vor der Haustür die Tulpenzwiebeln ausgebuddelt. Aber geklingelt haben sie nicht!
Birkenallee, Oktober 2019
Wassermangel. Die Linden bilden Nottriebe aus. Sie schaffen es nicht, dass notwendige Nass in die Krone zu pumpen. Deswegen überall diese üppigen Auswüchse. Hier in der Berlepschstr.
Idsteiner Weg/Buschgraben. Warum dieser Kahlschlag der Büsche? Muss Flieder bis zur Erde heruntergeschnitten werden, Herr Grünflächenamtsmeister?

Straßenschäden in Zehlendorf

Das Gitter wurde schon vor langer Zeit umgefahren. Gefühlt vor 2 Jahren!?  Ein Freund meint, es sei schon 4 Jahre her. 

Any Way: Warum kann das nicht Zeitnah repariert werden? Immerhin ist eine Grundschule in der Nähe. Dass das Gitter kurz nach dem Bild hier repariert wurde, ist natürlich reiner Zufall!
Defektes Gitter Berlepsch- Ecke Ludwigsfelder Straße, Juli 2020

Radwege in Zehlendorf

Berühmtester Radweg der Welt

Berlin eben! Radweg in Berlin Steglitz-Zehlendorf, Leo-Baeck-Str. im August 2018
Mühsam wird der Strich wieder runtergekratzt
Als Steuerzahler sei es mir vergönnt, die Beteiligten an dieser Berlin noch lächerlicher machenden Posse, schlichtweg Vollidioten zu nennen. Die Maler sollten für den alternativen Nobelpreis vorgeschlagen werden. Sie haben die absolute Unfähigkeit der Berliner Verwaltung grafisch sichtbar gemacht! Wetten, dass die Stadträtin (Grüne) des Tiefbauamtes die Schuld auf die Firma abwälzen wird? Sie sollte zurücktreten! Und die wollen Wohnungen bauen, gar Flughäfen?

Immerhin. Dieser Radweg stand in allen Postillen auf der Welt. Sogar meine Crocodile Men im Dorf Tárcoles, Garabito, Puntarenas, Costa Rica haben sich gemeldet - und mich ausgelacht!
Sieht es nicht schön aus? Mal sehen, was diese dussligen  Bezirksamtfuzzis sich noch einfallen lassen..

Kürzester Radweg Zehlendorfs

Normalerweise sind die alten Radwege nur 80 cm (mein Lenker hat 60 cm in der Breite) breit und mit einer üblen hochstehenden Begrenzung versehen. Zweimal bin ich dadrüber schon auf die Nase gefallen.

Aber jetzt wird ja alles besser. Prima Anfang hier in der Ludwigsfelder Straße vor der Hausnummer 14: 40 m auf Vorrat, boh ey!
Neubau eines Radweges: wirklich, ca. 40 m lang!
Jetzt ist aber die Welt in Ordnung! Juli 2020

Blödester Radweg Zehlendorfs

So etwas können sich nur die Grünen ausdenken! Radfahrer hatten hier immer Platz, waren nie gefährdet.

Autofahrer eher. Sie werden hier oft geblitzt. 

Der Radweg kommt aus den Nichts und endet im Nichts. der Bürgersteig ist breit genug, Fußgänger sind selten. 

Trägt das nicht prima zur Stadtverschönerung bei?
Dahlemer Weg, Brücke über der Wannseebahn, Juli 2020. 
Geht es eigentlich noch blöder?

Grünster Radweg Steglitz-Zehlendorfs

Eine Spur für alle Busse und den Verkehr. Raten Sie mal, wo der Lieferverkehr an Werktagen hält?

Als Radfahrer ist das ein verdammt blödes Gefühl, um ein parkendes Auto auf dem „Grünstreifen“ herumfahren zu müssen.

Das soll die Zukunft sein?
Sonntag Morgen in der Schlossstraße in Steglitz, Juli 2020

Bordsteinabsenkung Neuruppiner Straße

Rechts und links wurde der Bordstein abgesenkt. Warum nur? Es sieht nach purem Aktionismus aus. Der Weg endet nach 50 Meter.

Gibt es wirklich nichts anders im Bezirk zu erledigen?
Es riecht förmlich nach den Grünen! Mai 2021
Neuruppiner Straße, Brücke über den Buschgraben, Juli 2021
Gleich daneben. Zone 30. Dieser geniale Fahrer befuhr die Straße in Richtung Osten - und knallte auf geparkte Autos vor dem Schulhof. Er fuhr bestimmt keine 30. Täglich kommt man hier zu Fuß oder mit dem Rad entlang.

Was so maßlos ärgert: Nichts ist über den Unfall zu lesen. War das ein Bekiffter aus den vielen kriminellen Clans in Berlin? Haben die ihre Rennen vom Ku’damm in Seitenstraßen verlegt? Wenn man hier so gefährdet lebt, sollte man schon ein Recht auf Information haben. 

Als vor einigen Jahren ein Motorradfahrer mit mindestens Tempo 100 die Berlepschstraße (Zone 30) entlang raste und einen Unfall baute, war selbst über das Bezirksamt nichts zu erfahren, was da passiert ist. Das Motorrad schleuderte über 140 m die Straße entlang. Auch eine Anfrage bei der Polizei half nicht weiter. Sollte da jemand geschützt werden?

Ist das Politik!?Verunsicherung der Bürger durch mangelhafte Information?
Motorradunfall in der Berlepschstraße im März 2015
Ob Land oder Bezirk: Kann denn keiner mal das wirklich schöne Strandbad Wannsee mal fertig bauen?

Es ist mit 1275 m langem Strand das größte Strandbad an einem Binnensee in Europa - sein 1907.

Die Politiker in Berlin sollten sich schämen so ein Kleinod wieder verkommen zu lassen.
Strandbad Wannsee im Juli 2021

Blumenschmuck in Zehendorfs Straßen

Man muss echt zugeben, dass man sich alle Mühe gibt, es hier nett aussehen zu lassen. Das ist übrigens ein Bürgersteig!
Neuruppiner Straße im August 2021
Hat es je so ein verkommenes Straßenbild in Berlin gegeben? Den Zweiten Weltkrieg mal ausgenommen. Ist es die totale Kapitulation des Bezirksamtes Zehlendorf? 

Oder verstehen das die Grünen unter „Stadtgrün“? Die haben nur noch mit der bevorstehenden Wahl zu tun, die sie hoffentlich haushoch verlieren werden.

Kein Kunststück wenn man nur noch mit Gendersternen und der Umbenennung der altehrwürdigen Mohrenstraße  zutun hat.

So sah jedenfalls die Neuruppiner Straße noch nie aus. Schnee nur, dass hier kein tropisches Klima herrscht. Dann bräuchte man nach der ersten Regenzeit eine Machete, um sich einen Weg zu bahnen.
Wie übel sieht es da doch in den kleinsten Nestern im Elsass aus. Hier in Dambach-La-Ville.
August 2021

Ein Märchenbrunnen der nicht immer gesprudelt hat

4. Mai 2015. Leider sprudelte der Brummen noch nicht. Bestimmt wegen der Nachtfröste?
Juli 2020
In Arbeit

Steglitzer Kreisel - Ein Adler stürzt ab

April 2023
„Bumste mir, darfste höher bauen“
Wie schön wäre diese Welt, 
Ohne Architekten, 
Denen so etwas gefällt!
Das wird mal eine richtige filmreife Story!
Der Löw' ist los –!

Am sechsten Juli dieses Jahres beschloß der Löwe Franz Wüstenkönig aus dem großen Raubtierhaus des berliner Zoologischen Gartens, für der nicht mehr mitzumachen. Er brach aus.

Das machte er so, dass er, gelegentlich der Reinigung seines Käfigs durch den Oberwärter Pfleiderer in den Nebenkäfig gescheucht, das Schließen der Verbindungstür durch Dazwischenklemmen seines Schweifendes geschickt verhinderte, die Reinigung abwartete, sich dann mit Gebrüll Nr. 3 auf den ahnungslosen Pfleiderer stürzte, diesen über den Haufen rannte und durch die offenstehende Käfigtür das Weite suchte und fand. 

Der Löw' ist los –! Dieser Schreckensruf verbreitete sich, einem Lauffeuer gleich, in den Wandelgängen unseres geliebten Zoologischen Gartens. Die Aufregung der Besucher war unbeschreiblich. Viele ließen in der Eile ihr Bier stehen, ohne zu zahlen – und noch lange nach diesen Ereignissen sah man an den Restaurants des Zoo die Kette der ehrlichen Berliner anstehen, die ihre schuldige Zeche begleichen wollten. Kinderwagen fielen um und ergossen ihren schreienden Inhalt auf die Wege, ältere Damen, die sonst nur mühsam einherschlurchten, liefen plötzlich, dass es eine Freude war – die Lästerallee war wie leergefegt, und nur ängstliche Kellner saßen hoch oben in den Zweigen der Bäume, und ihre schwarzen Fräcke hingen hernieder wie die Schwänze fremdartiger Zaubervögel. Der Löw' ist los –!

Hastig stürzten die aufgeschreckten Menschen auf die Straßen und ohrenbetäubend verkündete auch dort ihr Geschrei: »Der Löw' ist los! Und seinen Apostroph hat er auch mitgenommen –!«

Die Wirkung war furchtbar. Wüstenkönig war noch damit beschäftigt, gedankenvoll und langsam in der leeren Waldschänke die dort aufgehängten kleinen Würstchen zu verzehren – da standen draußen schon ganze Straßenzüge auf dem Kopf. Die gewöhnlichen Leute stürzten, haste was kannste, über Rinnsteine, Hunde, Babys, Aktentaschen, und dicke Damen, die nicht weiter konnten. Die minder gut gestellten Schichten der Bevölkerung machten sich die Situation rasch zunutze – sie kauften die an die Bordschwellen gespülten Strandgüter der Fliehenden à la baisse und eröffneten damit an den Ecken einen schwunghaften Handel. Die oberen Schichten hingegen bewahrten auch hier ihre überlegene Ruhe, sobald sie erst einmal im Auto saßen – umsichtig und ernst sorgten sie dafür, dass sich keiner an die Wagen hängte. Die Droschkenkutscher schlugen augenblicks um das Achtzehnfache auf – zum ersten Mal in Berlin, ohne den Polizeipräsidenten um Erlaubnis zu fragen. Es war ein Höllenlärm. In der Mitte stand, starr und stolz, ein Polizeiwachtmeister, turnte ägyptisch und regelte den Verkehr, und der Verkehr blieb stehen und sah zu, wie er geregelt wurde, und war sehr stolz. Es ging zu wie in einer getauften Judenschule.

Der Löwe Wüstenkönig war inzwischen mit den Würstchen fertig geworden. Er brüllte nach dem Kellner – keiner kam. Unwillig mit dem Schweif den kleinen Alltagsreif schlagend, begab sich Wüstenkönig ins Freie. Das majestätische Tier schritt würdevoll dem Ausgang nach dem Kurfürstendamm zu.

Berlin war aufgestört wie ein Ameisenhaufen, Alle Telefone klingelten mit einem Male schrill auf – aber es meldeten sich nur die falschen Verbindungen. Die einzigen, die den Kopf nicht verloren, waren die Damen vom Amt, sie verrichteten kaltblütig ihren Dienst in gewohnter Weise weiter, und so bekam niemand Anschluß. In den Redaktionen der großen Zeitungen drängten sich die Reporter. »Wie soll das jetzt noch in die Abendausgabe?« jammerte Redakteur Ausgerechnet. »Konnte dieser verdammte Löwe nicht eine halbe Stunde früher ausbrechen?« – »Dann machen wir eben eine Extraausgabe!« sagte der Verleger Mülvoß. Und: »Extraausgabe! Extraausgabe!« hallte es durch das Haus. Und die Setzer klapperten mit den Winkelhaken, und die schweren Rotationspressen setzten sich rasch in Bewegung …

Die Börse nahm die Nachricht vom Ausbruch des Löwen verhältnismäßig gefaßt auf. (Haben Sie schon mal eine Nachricht gesehen, die die Börse nicht gefaßt aufgenommen hätte?) Montanwerte fester, Geiste leicht angezogen, Brauereien flau, Jakob Goldschmidt immer oben auf, Herbert Guttmann repartiert, Häute fest.

Im Reichswehrministerium tagte gerade eine Unterkommission des Untersuchungsausschusses zur Nachprüfung seiner eignen Unentbehrlichkeit, als die Schreckensnachricht eintraf. Das Frühstück, Verzeihung, die Sitzung, wurde sofort abgebrochen. Zwei Generalstabsoffiziere arbeiteten hopphopp mit ihren Referenten einen Feldzugsplan für die Bekämpfung des Löwen aus und forderten dazu an:

2 Armeekorps,
1 Pressestelle,
24 außeretatmäßige Stabsoffizierstellen,
1 Stück Kanone,
1 Land-Panzerkreuzer.

Der Löwe Wüstenkönig schritt inzwischen, immer majestätisch, wie es ihn seine liebe Mutter gelehrt hatte, durch die Kurfürstenstraße zum Lützowplatz. Menschenleer lagen Straßen und Plätze. Da stand ein großes Löwendenkmal. Mißmutig schnupperte der Löwe. Dann hob er – da rührte sich etwas. Was war das? Nichts. Der Löwe ließ seinen Gefühlen freien Lauf.

Ging und lief dann in langen Sätzen die Lützowstraße entlang durch die Potsdamer Straße und stürmte vor ein großes Warenhaus.

Er war Gourmand, der Löwe Franz Wüstenkönig. Er wollte so eine nette, kleine, pruzlige Verkäuferin zum Frühstück essen – so eine frische, junge … Herrgottnichtnochmal! Das Wasser lief ihm in Appetitschnüren zum Maule heraus und hing in langen Fäden an seinem Bart … Schnurrend legte er sich und wartete.

Die Behörden hatten inzwischen fieberhaft gearbeitet. In aller Eile, so gut das eben in der Geschwindigkeit ging, hatte man eine Reichslöwenabwehrabteilung mit einem Sonderressort für bayerische Löwen begründet, und es handelte sich nur noch darum, ob die Abteilung das ganze Rathaus oder das Hotel Adlon beziehen sollte –

Die Deutsche Volkspartei war wie stets auf dem Posten. Schon nach einer halben Stunde klebten an allen Säulen und Bäumen knallblaue Plakate:

»Mitbürger!
Der Löw' ist los!
Wer ist daran Schuld?
Die Juen!
Wählt die Deutsche Volkspartei!«

Das Leben in der Stadt war völlig umgekrempelt. Niemand wagte sich mehr aus dem Hause. Aus allen Stadtteilen wurden Löwen gemeldet – im ganzen zweiundsechzig. Acht große Hunde wurden erschossen, erst an den Hundemarken erkannte man den kleinen Irrtum. Bei Königs ließ die Köchin Babett das Teeservice mit dem gesamten Gedeck fallen, weil ihr der junge Herr von hinten einen Kuß aufgedruckt hatte. Mit dem Ausruf: »Jessas! der Löwe!« brach das brave Mädchen zusammen.

Die berliner Theaterdirektoren Bindelbands suchten verzweifelt den Löwen. Sie wollten ihn für den Shawschen ›Androklus‹ engagieren. Sie fuhren von Straße zu Straße – kein Löwe. Feuerwehrautos klingelten durch die Gegend – kein Löwe. Der Löwe war fottefliegt.

Der Löwe war gar nicht fort. Er war, des Wartens müde, aufgestanden, schlenderte nun durch die Straßen, erblickte einen Wagen mit Kirschen und warf ihn, durch den hohen Preis erschreckt, um – und dann war er weiter und weiter gegangen.

Also das war Berlin! Dieser traurige Haufe von Steinkästen und schnurgeraden Straßen, die alle ein bißchen unsauber aussahen – das war das Weltdorf Berlin! Der Löwe schüttelte das Haupt. Da hatten ihm die Spatzen im Käfig wer weiß was erzählt – und wenn abends vor der Fütterung aus dem Raubtierhaus, ja, aus dem ganzen Zoo ein Schrei aufstieg: »Swoboda!« (Russisch ist nämlich das Volapük der Tiere, und dies heißt so viel wie Freiheit!) – dann meinten alle, die ja zum großen Teil ihre natürliche Heimat nie gesehen hatten, gar nicht Afrika oder die Kordilleren oder Indien – der Schrei hieß: Berlin! – Einmal auf der Rutschbahn im Lunapark fahren, war die Sehnsucht der Krokodile; einmal zum Rennen nach Ruhleben, danach lechzten die Aasgeier; einmal sich in der Bar wälzen können, träumten die wilden Schweine. Abend für Abend. Und das hier war Berlin? Das war es?

Wüstenkönig schüttelte nochmals das Haupt.

Und da rückte es heran. Die Feuerwehr von der einen Seite und die Gebirgs-Marine der Reichswehr von der andern, Kino-Operateure und Leute, die bei allen Premieren dabei sein müssen, Journalisten, Damen der ersten besten Gesellschaft und die Bindelbands … Da rückte es heran. Und das Erstaunliche geschah, dass sich der Löwe Franz Wüstenkönig, der Beherrscher der Tiere, die Majestät der Fauna pp., ruhig abführen ließ – in seinen Käfig zurück, in das große Raubtierhaus des Zoologischen Gartens.

Und als die Tür hinter ihm zugeklappt war und ihn der Oberwärter Pfleiderer vorwurfsvoll angeschnupft hatte, und als sich der ganze Schwarm verlaufen, da senkte der enttäuschte Löwe den Schweif, den er bis dahin glorios nach oben getragen hatte, streckte sich still der Länge lang hin und sagte mit Wärme und Überzeugung: »Nie wieder –!«

Peter Panter
Berliner Tageblatt, 07.07.1920,
wieder in: Mona Lisa.
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