Wenn es dunkel wird am Riff, kommen sie aus Spalten und Ritzen hervor wo man sie bei bestem Willen am Tage nicht entdecken konnte. Skurrile Lebewesen, bei denen man wirklich überlegen muss, ob sie Tiere oder Pflanzen sind. Millionen von Jahren alt haben sie mit Ausnahme der Westküste Amerikas alle Weltmeere bis hinunter auf 1000 m Tiefe erobert. Sie jagen nicht, sie haben keine Feind, allenfalls Schmarotzer. Es sind perfekte Tiere, die einfach ihre Arme irgendwo in die Strömung strecken und von dem leben, was an den feinen klebrigen, schleimabsondernden Federn so alles hängen bleibt.
Das wird sofort fließbandartig mit den kleinen Wimpern auf der Oberseite der Arme in der Mitte zum Rumpf transportiert. Dort geschiet etwas überraschendes und einmaliges: fünf Tentakel sortieren alles Ankommende auf Genießbarkeit, sortieren nicht nahrhafte Schwebestoffe aus und führen den Rest zum Mund. Sie sind übrigens die einzigen Stachelhäuter, die die Mundöffnung auf der Rumpfoberseite haben.
Diese Armrinnen sind aber auch ein idealer Platz für allerlei kleine Schmarotzer. Asseln, Garnelen, Borstenwürmer und winzige Krabben sitzen einfach da und picken sich aus dem unablässig vorbeirauschenden Nahrungsstrom das ihnen am meisten Mundende einfach heraus. Vielleicht suchen manche den Federstern aber auch nur zum Schutz auf. Diese kleinen Bewohner sind jedenfalls in Form und Farbe so perfekt ihrem Wirt angepasst, dass es im freien Wasser fast unmöglich ist, sie zu entdecken.
Überhaupt spielt auch bei diesen Tieren die Zahl fünf eine große Rolle. Sie haben fünf, zehn, fünfzehn oder zwanzig oder noch mehr Arme und, wie erwähnt, eben fünf Tentakel. Wenn sie schwimmen, schlagen immer fünf Arme gleichzeitig. Sie sind, wenn auch schwer erkennbar, Stachelhäuter und damit verwandt mit den Seeigeln, -gurken, -sternen und -schlangensternen. Eine kapselförmige Nervenmasse, der Vorläufer eines Gehirnes, steuert den Bewegungsablauf mit fünf starken Nervensträngen.
Die Fortbewegungsweise ist verblüffend: zwar haben sie regelrechte Beine unter ihrem Körper, die aber nur zum Festkrallen, allenfalls zum Krabbeln über kürzeste Distanzen genutzt werden. Müssen sie sich über freie Flächen bewegen, laufen sie auf den Armen! Sie drehen sich um, biegen die Arme nach außen und kriechen auf gradem Weg in eine Richtung davon, halten das, was ich erst für die eigentlichen Beine hielt, nach oben. Es sind zehn krumme, kronenförmig angeordnete Beinchen, die Cirren genannt werden. Einmal habe ich so einen krauchenden Federstern nur ein kleinwenig angestupst, da stellte er seine Arme einfach steiler und legte einen richtigen Zwischenspurt ein. Teils laufen oder hüpfend, teils schwimmend verschwand er im Schein der Lampe, die ihm eh nicht behagte, unter der nächsten Deckung. Ein Federstern, den ich einmal ganz vorsichtig von seiner exponierten Stelle auf einer Koralle löse, schwamm sogar gegen eine leichte Strömung zielstrebig durch aufgeregtes Schlagen seiner Arme zum Grund.
Von den Seelilien sind die meisten Arten schon vor Millionen von Jahren ausgestorben. Die verbliebenen sind in großen Tiefen zuhause. Sie sehen aus wie die Haarsterne, sind aber am Untergrund festgewachsen (sessil). Sie spielen hier keine Rolle. Von ihnen gibt es nur noch 100 Arten, während von den urtümlichen Haarsternen über 600 bekannt sind.
Bei Einbruch der Dunkelheit klettern Feder- und Haarsterne ziemlich flink an exponierte Stellen des Riffs um in der Strömung ihre Tentakel auszustrecken.
Systematik der Feder- und Haarsterne - Crnioidea
Stamm Stachelhäuter Echinodermata
Klasse Seelilien und Haarsterne Crinoidea
Ordnung Haarsterne Crinoidea
Familie Haarsterne Comasteridae
Gattung Comatella
Art Dunkelroter Haarstern Comatella maculata (Carpenter, 1888) Carpenter‘s feather star
Gattung Comanthina
Art Cirrenloser Haarstern Comanthina nobilis (Carpenter, 1884) feather star
Art Schlegels Haarstern Comanthina schlegili (Carpenter, 1888) Schlegel's feather star
Gattung Oxycomanthus
Art Bennets Haarstern Oxycomanthus bennetti ( Müller , 1841) Bennet's feather star
Familie Eudiocrinidae
Gattung Himerometra
Art Robuster Haarstern Himerometra robustipinna Carpenter, 1881 feather star
Familie Mariametridae feather star
Gattung Dichrometra
Art Langarmiger Haarstern Dichrometra flagellata (Müller, 1841) Long-arm feather star
Gattung Lamprometra
Art Klunzingers Haarstern Lamprometra klunzingeri (Hartlaub, 1890) feather star
Art Palmenhaarstern Lamprometra palmata (Müller, 1841) feather star
Familie Stephanometridae feather star
Gattung Stephanometra
Art Stachliger Haarstern Stephanometra echinus (Clark, 1908) feather star
Am Tage streckt diese Art nur einige seiner 20, 25 oder 30 Arme aus seinem Versteck hervor. Die Arme sind mit dichtstehenden Fiederchen mit gelblichen Spitzen versehen, die ausgestreckt einen Durchmesser von 25 cm erreichen können. Die Anzahl seiner kräftigen Cirren vareiren zwischen 18 und 35. Immer sind die Haarsterne dunkel- oder rostrot.
Sie besiedeln die oberen Riffregionen und filtern Mikroplankton und Detritus aus dem Wasser. Sie waren vor 1998 auf den Malediven noch recht häufig zu sehe.
Vorkommen: Von den Malediven bis Australien und Japan und im Südpazifik.
Cirrenloser Haarstern - Comanthina nobilis (Carpenter, 1884)
E: Feather star
Durchmesser: Bis 35 cm, Tiefe: 3 m, Angaga, Ari - Atoll, 1996
Cirrenloser Haarstern - Comanthina nobilis ( Carpenter , 1884)
Dieser am Tage oder bei Störungen kugelförmig zusammengerollte Haarstern saß 3 Wochen lang Tag und Nacht immer an der gleichen Stelle am Riff. Ist die Strömung voller Plankton, reckt er die langen Arme auch bei Tage in die Höhe.
Er hat davon immerhin zwischen 80 und 200 Stück, so viele, dass er einige der Arme zum Festhalten nutzt und so an denen auf die Cirren verzichten kann. Kaum eine Art ist so unterschiedlich gefärbt wie diese. Er kann so gelb sein wie oben oder auch genauso total schwarz gefärbt. Er kann schwarze Arme mit gelben, weißen oder schwarzweißen Fiederchen haben.
Es ist schwer, die bis 35 cm Druchmesser erreichende Art zu erkennen zumal C. schlegeli und C. bennetti ähnlich aussehen. Erst beim genauen Untersuchen sind sie zu unterscheide, was während eines Urlaubes natürlich kaum möglich ist.
C. nobilis hat den After genau in der Mitte der Körperscheibe und der Mund ist an den Rand gewandert.
Die Haarsterne fassen sich rauh an. Fast scheint es, als seinen sie klebrig, aber es sind kleinste Widerhäckchen, die an der Haut zurückbleiben. Ganze Arme brechen bei Berührung ab; man sollte es also tunlichst unterlassen. Haarsterne können sich allerdings schnell regenerieren. Im Bild oben leben eine gelbe und eine schwarze Form auf Ellaidhoo (Aufnahme von 1995) dicht beieinander.
Vorkommen: Von den Malediven über Indonesien nach Australien, gesamter Westpazifik.
Eine weitere Farbvariante des Cirrenloser Haarstern zeigt die kräftigen Arme und die unterschiedliche Färbung an nur einzelnen Tentakeln.
Deutlich ist die Umfunktionierung der eigentlich bei Haarsternen für die Nahrungsbeschaffung vorgesehenen Arme zum Festhalten an der abgestorbenen Koralle auf dem Bild nebenan zu erkennen.
Ungefähr15 Arme kann man zählen, auf der Rückseite werden es noch einmal so viele sein. Bleiben noch genug Arme zum Fangen von Plankton, denn auch diese Art hat bis zu 200 davon.
Von C. nobilis unterscheidet sich diese Art u. a. durch eine andere Armverzweigung. Aber das kann man unter Wasser nun beim besten Willen nicht erkenne. Hat doch auch der C. bennetti die gleiche Färbung bei gleichem Verbreitungsgebiet wie diese Art hier, nur hat er weniger und, wie es scheint, kräftigere Arme.
Vorkommen: Von den Malediven über Indonesien nach Australien, gesamter Westpazifik .
Oxycomanthus bennetti hat mit 30 bis 120 Armen deutlich weniger als die zuvor beschriebenen Schlegels Haarsterne. Hier sind wieder zwischen 23 und 35 Cirren für den sicheren Halt nachts auf dem Riff verantwortlich.
Die Farbvielfalt dieser Art ist enorm: zwischen der hier gezeigten und zwischen gelb, grün, grau, braun oder schwarz - oder aber auch nur Teile der Arme sind anders gefärbt, wie das schwarzweiße Tier im Bild unten zeigt - schwankt sie. Auch diese Art „klebt“, d. h. es bleiben Fiederchen mit kleinen Widerhäckchen am „Testfinger“ hängen. Die Haarsterne kletter nachts an der Riffkante in die stärksten Strömungen. Besteht die Gefahr, dass sie heruntergerissen werden könnten, sorgen zusätzlich zu den vielen Cirren noch einige Arme für Halt.
Vorkommen: Indopazifik.
Die kräftigen Arme eines Bennets Haarstern Oxycomanthus bennetti
Robuster Haarstern - Himerometra robustipinna
E: feather star
Durchmesser: Bis 15 cm, Tiefe: 2 m, Angaga, Ari - Atoll, 1996
Haben sie nachts eine günstige Position zum Planktonfangen am Riff erreicht, entfalten sie wie ein Pfau ihr schönes, symetirsches Rad.
Sieht man die Tiere des Nachts am Roff, drängen sich einige Fragen auf: Warum sind Haarsterne so farbenfroh gestalltet? Haben die Planktonfresser auch Feinde? An ihnen ist doch nichts Nahrhaftes dran. Wo sind ihre Augen, das Gehirn oder die Sinnesorgane die sie zielsicher zu strömiggünstigen Plätzen am Riff führt?
Diese Art ist braun und weiß gebändert, die Arme sind lang. Auf dem Bild unten fühlte er sich von dem Licht der Lampe arg gestört und die Symetrie ist dahin. Er hatte Gefahr erkannt, seine fragilen Fiederchen zusammengefaltet und verschwand äußerst behände in die nächste Deckung um dem ungewohnten Licht mitten in der Nacht zu entkommen.
Dichrometra flagellata kommt in sehr vielen Farbvarianten vor, sie sind schwer zu bestimmen.
Vorkommen: Malediven ostwärts bis Mikronesien, im Norden bis vor Hongkong.
Fällt das Licht einer Lampe auf die Langarmigen Haarsterne, falten sie sofort die Arme zusammen und flüchten
Diese Haarsterne haben mehr als 20 Arme. Sie kommen wie die meisten ihrer Artgenossen mit dem Einsetzen der Dämmerung aus den Verstecken hervor und suchen sich hochliegende Plätze mit Strömung aus um mit den vielen Armen nach Plankton zu fischen. Bevor es hell wird kriechen sie in ihre angestammten Plätze zurück. Das Tier auf dem oberen Bild lebte unter dieser markanten Steinkoralle und war mit Mühe und mit der Taschenlampe am Tage dort zu sehen.
Diese Art hat besonders viele Arme und ist einer der wenigen Haarsterne die auch tagaktiv sind. Sie legen sich auf den Grund und können sogar schwimmen oder lassen sich in leichter Strömung treiben. Sie fächern ihre Arme auf und fangen aus dem vorbeiströmenden Wasser die organische Stoffe, Plankton und Detrius heraus. Sie sind getrenntgeschlechtlich. An der Abfolge der weißen und der braunen Zeichnung auf ihren Armen sind sie einigermaßen sicher zu bestimmen.
Die Bestimmung ist alles andere als sicher. Ist das Tier das da des Nachts auf der Porites in Fangposition krabbelt, ist sie richtig. Wenn nicht, kann es auch Stephanometra indicus sein. Die Arme sind nicht gleich lang. Ob sie abgebrochen oder abgebissen wurden? Jedenfalls wachsen sie nach.