Handbuch der Malediven



Kapitel 2 
Knochenfische

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Ordnung der Barschartigen - Perciformes

Unterordnung der Drachenkopfartigen - Scorpaenidei

(alt:  Panzerwangen)

Familie Skorpionsfische Scorpaenidae - Fortsetzung 1

Unterfamilie Drachenköpfe Scorpaenninae

Identifikationshilfe: Buckeldrachenkopf (Falscher Steinfisch) versus Steinfisch

Falscher Steinfisch oder Buckeldrachenkopf 

Scorpaenopsis diabolus

Echter Steinfisch Synanceia verrucosa

Die  Brustflossen sind fächerförmig und größer. Das Gift ist - wie beruhigend - fast nie tödlich.  Der  Buckel ist ausgeprägt. 

Das beste Unterscheidungsmerkmal ist die Stellung des  Maules . Bei den Falschen Steinfischen oder Buckeldrachenköpfen steht es in einem Winkel von ungefähr 75° zum Untergrund. 

Das  Maul des Echten Steinfisches steht beinahe senkrecht zu einem (gedachten) waagerechten Untergrund. 

Die  Brustflossen sind schmaler. Das Gift ist für Menschen in 30 % der Berührungen tödlich.

Falscher Steinfisch oder Buckeldrachenkopf  Scorpaenopsis 


diabolus Cuvier, 1829

E: False stonefish, F: Poisson pierre faux, J: Satsumakasago, D: Gaaviha mas

Größe: 30 cm, Tiefe: 0,5    Kuredu, Faddhippolhu-Atoll, 2000

Genau hinsehen: Da ist ein Drachenkopf!



Rund 20 Familien mit ungefähr 1200 Arten umfasst diese in allen Weltmeeren vorkommende Unterordnung der Drachenkopfartigen - Scorpaenidei (alt: Panzerwangen). 
Alle Fische dieser Ordnung haben einen knochigen, quer über die Wangen verlaufenden Steg. Oft ist der Kopf auch wirklich mit knochigen Platten gepanzert. Die meisten Arten bleiben im Wachstum unter 30 cm und nur wenige werden 90 cm oder länger. 

Sie leben in kalten Gewässern genauso wie in der Tiefsee, oder, wie die Steinfische, im knietiefen Wasser am tropischen Riff. Viele haben giftige Stacheln, was uns aber nicht daran hindert, manche von ihnen, wie z. B. den Rotbarsch, für den besten Speisefisch zu halten, der da in den Meeren schwimm.

Die vielen, dem Namen nach bekannten Arten dieser Ordnung, sind oft schwrieg zu bestimmen. Der Steinfisch ist mit der Auslöser für dieses Buch. Irgend wann wollte der Autor es einfach genauer wissen, was denn nun ein Drachenkopf, ein Falscher oder ein Echter Steinfisch ist, zu deren Giftigkeit auf jeder Insel jeder einen anderen Namen und eine andere Meinung hatte.

Größe: 20 cm, Tiefe: 1 m                                      Medhuffushi, Südnilandu - Atoll, 1999

Falscher Steinfisch oder Buckeldrachenkopf  Scorpaenopsis diabolus Cuvier, 1829

Größe: 20 cm, Tiefe: 1 m                                                        Embudu, Süd-Male -Atoll, 2008

Dieser grimmig aussehende Drachenkopf versetzt Neuankömmlinge regelmäßig in Verzückung weil er für den Steinfisch gehalten wird. Dabei steht sein ebenfalls großes Maul nicht senkrecht und die Brustflossen sind seitlich angesetzt. Man soll sich von dem Bild oben nicht täuschen lassen: Zwar steht das Maul senkrecht aber der Fisch liegt nicht waagerecht zum unteren Bildrand. 

Er wird nur 22 cm groß während der Echte Steinfisch 60 cm erreicht. Von alleine schwimmt er, selbst wenn er sich entdeckt fühlt, kein Stück freiwillig weiter. Unwillig zeigt er erst einmal die Unterseite seiner Brustflossen, die erstaunlich farbkräftig sind und in gelb-orangenen Tönen leuchten. Seht, ich bin giftig, will er signalisieren. Gelb, orange und schwarz stehen im Kontrast zu seinem grau-grün veralgten und versandeten Rücken. 

Obwohl er schon in 70 m Tiefe angetroffen wurde, liegt er meist im flachen Wasser an der Innenseite der Riffe auf Korallentrümmern und festem Untergrund auf der Lauer nach allem, was so vorbei schwimmt, um es mit Saugschnappen zu erbeuten. Eigentlich sind ja die Steinfische und die Drachenköpfe Lauerer. Sie warten, auf ihre gute Tarnung vertrauend, auf ihre oft erstaunlich große Beute an einer Stelle, von der sie die Gegend gut überblicken können. Dort liegen sie stundenlang reglos aber hellwach herum. Kommt ein unvorsichtiger Fisch zu nahe heran, verschwindet er durch Saugschnappen blitzschnell von dieser Welt, verschluckt von einem sehr großen Maul.

Vorkommen: Gesamter Indopazifik und Rotes Meer.

Größe: 20 cm, Tiefe: 3 m                                        Kuramathi, Rasdu-Atoll, 1987

Buckeldrachenkopf auf der Lauer. Bewachsen mit den Algen der Umgebung.

Das Gift der Drachenköpfe

Die Drachenköpfe haben das Gift nicht nur in den ersten drei Rückenflossenstacheln, sondern auch in kräftigen Stacheln am Ende der Kiemenspalten. Auch junge und kleine Skorpions- und Steinfische sind sehr giftig. 


Kommt man wirklich einmal mit dem Gift in Berührung - was ich mir kaum vorstellen kann - setzt sofort ein schmerzhaftes Brennen ein, die Einstichstelle blutet stark und schwillt immer weiter an. Je nach körperlicher Verfassung gesellen sich Übelkeit, Schwindelgefühl und Herzklopfen hinzu. Gestorben an dem Gift ist aber noch keiner, aber zwei oder drei Urlaubstage fehlen dann doch.


Der Schmerz ist aber so gewaltig, dass man, wie bei allen Stichverletzungen durch giftige Fische, versuchen sollte, die Einstichstelle mindestens eine Stunde lang mit 40 - 50 Grad - eben so heiß wie es geht - heißem Wasser oder noch besser mit heißen Trockenkompressen - sie sind auf der Haut verträglicher - behandelt werden sollte. Die Hitze zerstört die toxischen Eiweißkörper. Trotzdem ist die Heilung langwierig. Bei Steinfischen kann das bis zu einem Jahr dauern. Ein Arzt sollte immer konsultiert werden. Es gibt inzwischen auch einige Seren, die u. U. helfen können. 

Die Jagdtechnik der Drachenköpfe

Größe: 15 cm, Tiefe: 0.5 m               Ellaidhoo, Ari - Atoll, 1994

Ein Buckeldrachenkopf beim Anschleichen an einen Sandbarsch.


Dass der Sandbarsch recht groß ist, macht ihm nichts aus. Er kann sein breites Maul sehr weit aufreißen. Ob sein Anschleichen letztendlich Erfolg hatte, war leider nicht mehr zu beobachten. Fünf Minuten später war es dunkel.

Wenn der Berg nicht zum Propheten kommt, geht dieser eben zum Berg. Der junge, recht kleinen Buckelkopf oben im Bild wird den ganzen Tag auf Lauer gelegen haben - und hat nichts erbeutet. Nun hat er Hunger. Im letzten Licht des Tages schleicht er sich an den wie gelähmt wirkenden Sandbarsch heran. Langsam aber stetig robbte er sich mit seinen Brustflossen vorwärts. Diese und der Schwanz hinterlassen im Sand drei deutliche, auf dem Bild oben gut zu erkennende, Spuren im Sand.


Größe: 20 cm, Tiefe: 2 m              Kuramathi, Rasdu - Atoll, 1987

Dass man 2 Exemplare des Buckeldrachenkopfes an einem Ort versammelt sieht, erlebt man nur einmal . Ob wohl das linke, dunklere Tier das Weibchen ist? Werbung und Liebesleben scheinen bei diesen Fischen zumindest für menschliche Betrachter ziemlich langweilig zu sein. Nach dem Mittagessen lagen die beiden immer noch unbeweglich an der gleichen Stelle an der langen Mauer aus Korallen bei den Rundbungalows am Außenriff von Kuramathi.

Man muss sie schon gewaltig ärgern, um sie zur Aufgabe ihres Standortes zu bringen. Dann zeigen sie dem Störenfried ihre Warnfarbe: Achtung, ich bin giftig!


Das Bild ist grottenschlecht, aber es isst das Einzige, das die Färbung zeigt. Es wurde lange überlegt, ob noch mal ein Drachenkopf für ein Foto aufgescheucht werden sollte…

Größe: 15 cm, Tiefe: 2 m Medhufushi, Süd-Nilandu-Atoll, 1999

Die Tarnung der Drachenköpfe

Größe: 20 cm, Tiefe: 1 m                                                        Embudu, Süd-Male -Atoll, 2011

Perfekt die Tarnung, oder? Die meisten Schnorchler sehen die Fische gar nicht. Erst im Laufe der Jahre  findet man sie alle. Man weiß dann, wonach man Ausschau halten muss. Das einzig gerade an den Drachenköpfen ist das Maul. 

Größe: 20 cm, Tiefe: 1 m                                                        Embudu, Süd-Male -Atoll, 2011

Drachenköpfe greifen nie von sich aus an. Sie liegen immer an möglichst erhöhten Stellen auf dem Riffdach, um einen Überblick zu haben. Und darin liegt die Gefahr. Zieht man sich bei starker Strömung an den toten Korallen des Riffs entlang, sollte man doch ziemlich genau hinsehen, sollte man mal Halt suchen. Das Maul eines Buckeldrachenkopfes ist im Verhältnis zur Körpergröße schlichtweg riesig.

Größe: 30 cm, Tiefe: >10 m                                                  E  Kuramathi, Rasdu - Atoll, 2023

Während die Drachenköpfe oben im flachen Wasser aufgenommen worden sind, stammen die beiden hier von Tauchern in größerer Tiefe. Zu sehen ist das an dem Bewuchs auf der Haut. Sie wählen den Bewuchs ihrer Umgebung. Oben grünliche Algen und tiefer die rosafarbene Kalkalge. Perfekte Tarnung ist eben alles.

Größe: 20 cm, Tiefe: 1 m                                                        Embudu, Süd-Male -Atoll, 2011

Gibbusdrachenkopf  Scorpaenopsis gibbosa 


Bloch & Schneider, 1801

E: Humpback scorpionfish, F: Rascsse bosse, J:, D: Gaavia mas

Größe: 20 cm, Tiefe: 3 m                                                      Kuramathi, Rasdu - Atoll, 1988

Gibbusdrachenkopf  Scorpaenopsis gibbosa

Größe: 20 cm, Tiefe: 3 m                                                      Kuramathi, Rasdu - Atoll, 1988

Auf beiden Bildern ist der gleiche Fisch abgebildet. Kurz vor Sonnenuntergang im Kanal zwischen Rasdu und Kuramathi schwamm dieser Drachenkopf plötzlich vorbei und suchte sich einen neuen Standort aus. Es ist schon eine Ausnahme, diese Fische schwimmen zu sehen. Vielleicht bleibt er auf dieser exponierte Stelle auf der Koralle die ganze Nacht über und lauert auf vorbeikommende Fische. Doch eigentlich sollen diese Arten ja tagaktiv sein. Ob er das auch weiß?


Diese Art lebt, wie hier zu sehen, an Riffendächern, in Lagunen und an Außenriffen bis in Tiefen von 50 m. Er ist auf den Malediven ziemlich selten - und es blieb auch die einzige Begegnung in 29 Jahren. Auch seine Unterseite ist mit Tarnfarben versehen. Auf kräftig - gelbem Untergrund zieht sich ein schwarzes Band über die Unterseite seiner Brustflossen - was deutlich bei hektischem hinterherschwimmen zu sehen war. Es blieb bei 25 mal 3 Wochen Urlaub auf den Malediven bei dieser einzigen Begegnung mit einem Gibbusdrachenkopf.


Vorkommen: Indischer Ozean und Rotes Meer.

Grosser-Roter-Drachenkopf-Scorpaena-scrofa Linnaeus, 1758

Größe: 20 cm, Tiefe: > 20 m                                                      Kuramathi, Rasdu - Atoll, 2023

Grosser-Roter-Drachenkopf-Scorpaena-scrofa Linnaeus, 1758

Größe: 20 cm, Tiefe: > 20 m                                                      Kuramathi, Rasdu - Atoll, 2023

Beim Schnorcheln hat man keine Chance, diesen für Menschen durchaus tödlichen Große Roten Drachenkopf zu sehen. Er lebt ab 20 bis 500 m in der Tiefe. Wikipedia beschreibt seinen Lebensraum von den Cap Verden bis Madera im nordöstlichen Atlantik. Die beiden Fotos sind aber auf den Malediven gemacht worden. Das der nicht gerade appetitliche Giftbrocken ein guter Speisefisch sein soll, erschließt sich nicht gleich für jeden.

Auf dem unteren Bild hat er seine Giftstacheln aufgestellt weil er sich bedroht fühlt.

Fetzendrachenkopf  Scorpaenopsis venosa (Cuvier, 1829)

E: Humpback scorpionfish, F:, Rascasse, J:,Kasago, D: Gaaviha mas

Größe: 20 cm, Tiefe: 3 m                                                    Ellaidhoo, Ari-Atoll, 1993

Fetzendrachenkopf  Scorpaenopsis venosa

Größe: 20 cm, Tiefe: 3 m                                                   Ellaidhoo, Ari-Atoll, 1994

Am späten Nachmittag lag er da. Er lag einfach vor der Mauer aus Korallenbrocken, unter der er wohl den Tag verschlafen hatte und sah mich ruhig und fast sympathisch an. Die Algenarten, die dort wuchsen, hatte er auch auf dem Rücken und hätte er mich nicht mit seinen fast traurig blickenden Augen angesehen, hätte ich ihn wohl nicht entdeckt. An den Auswüchsen am Unterkiefer war er obendrein auch noch zu identifizieren.


Vorkommen: Indopazifik.

Größe: 20 cm, Tiefe: 3 m                                                      Ellaidhoo, Ari-Atoll, 1993

Diese Art wird nur 18 cm groß und bevorzugt veralgte Untergründe an
 Küsten und Riffen bis hinunter auf 70 m.
Größe: 20 cm, Tiefe: 3 m                                               Embudu, Süd-Male-Atoll, 2001
Größe: 20 cm, Tiefe: 3 m                                               Embudu, Süd-Male-Atoll, 2001
Er liegt da, und denkt nicht daran, seinen Standort zu räumen. Schließlich hat er Hunger und will in der Nacht möglichst  viele Fische einsaugen. Er vertraut auf seine Tarnung und weiß, dass er giftig ist. Selten gibt es Fische, von denen man so mühelos ein Porträt machen kann. 

Gebänderter Drachenkopf (Scorpaena plumieri Bloch, 1789)

Größe: 20 cm, Tiefe: > 20 m                                                      Kuramathi, Rasdu - Atoll, 2023

Größe: 20 cm, Tiefe: > 20 m                                                      Kuramathi, Rasdu - Atoll, 2023

Hier noch eine von 43 Arten aus der Familie der Drachenköpfe bei denen man beim Schnorcheln keine Chance hat. Sie leben zu tief.

Größe: 20 cm, Tiefe: > 20 m                                                      Kuramathi, Rasdu - Atoll, 2023

Schaukelfisch Taenianotus triacanthus Lacépède, 1802

                                   
Ordnung    
Unterordnung    
Familie 
Unterfamilie             
Gattung    
Art
Barschverwandte            Percomorphaceae
    Barschartige                 Perciformes
Drachenkopfverwandte        Scorpaenoidei
Drachenköpfe                     Scorpaenidae
Skorpionfische                     Scorpaeninae
Taenianotus
Schaukelfisch
Taenianotus triacanthus Lacépède, 1802
Ist zwar nicht das beste Bild, aber das einzige
„Der Schaukelfisch heißt Schaukelfisch weil er schaukelt“
Endlich mal ein Trivialname, der passt!  Klingt auch Nesser als ntennarius commerson. Man sehe sich mal den kleinen Film von Dr. H. hier an: Der Fisch schaukelt wirklich.
Schaukelfische haben die Form von Blättern und schwanken dadurch in der kleinsten Strömung. Die über den ganzen Körper reichende Rückenflosse hat im Gegensatz zu den anderen Skorpionfischen keine giftigen Hartstrahlen.Trotzdem sind sie giftig, allerdings schwächer als ihre Verwandten.

Ihre Brustflossen nutzen sie zum „gehen“ über den Grund und können sich auch festhalten. Sie kommen in den Farben weiß, rot, ocker, gelb, grün und rosa vor. Die Haut ist mit Flecken zur Tarnung übersät. Das Maul ist groß wie bei allen Arten diese Ordnung.

Wird der Schaukelfisch angegriffen, fängt er an zu schaukeln und ahmt er ein Blatt nach: Blatt-Mimikry. Reicht das nicht, lässt er sich von der Strömung davontragen. Seiner Beute, kleine Fische, nährt er sich schaukelt und saugt sie dann wie alle seine Artgenossen durch blitzartiges Öffnen seines Maule ein.
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