Kapitel 2
Knochenfische
Ordnung der Barschartigen - Perciformes
Süßlippen - Haemulidae
Familie: Süßlippen und Grunzer - Haemulidae
Größe: 50 cm, Tiefe: 3 m
Kuramathi, Rasdu - Atoll, 1988
Orientalische Süßlippen
1986 aber wird der älteste Familienname Haemulidae gewählt und die Süßlippen mit dem Namen Plectorhychinae und die Grunzer mit Haemulinae in den Rang von Unterfamilien erhoben. Obwohl das sonst sehr genaue Buch das auch nur halbherzig macht, wird es hier übernommen.
Die Familie wird dort in 18 oder 19 Gattungen mit ca. 120 Arten unterteilt. Ihr Lebensraum reicht bis in Tiefen von 80 m. Von den Grunzerfischen ist mir auf den Malediven keine Art vor die Linse geschwommen. Sie sollen weit in Gezeitenflußmündungen eindringen und ebenfalls wie die Süßlippen gute Speisefische sein. Zu ihren Namen kamen sie durch das vernehmliche Grunzen, das zu hören ist, wenn gefangene Grunzer an Land gezogen werden. Es wird durch Reiben mit Rachenzähnen erzeugt.
Die Süßlippen haben trotz eines großen Kopfes nur ein kleines Maul mit sehr dicken und wulstigen - aber bestimmt nicht süßen - Lippen. Oft steht die Oberlippe ein wenig über und gibt ihnen ein trotziges, gelangweiltes Aussehen. Nennen sie die Engländer deswegen Rubberlipp - Gummilippen? Sie sind kräftig gebaut und nicht nur durch ihre Rückenflosse erscheinen sie lang, weil der weich- und der hartstrahlige Teil zusammengewachsen ist. Sie sind eng mit den Schnappern verwandt, die aber irgendwie aggressiver aussehen, weil ihnen die gemütlichen wulstigen Lippen fehlen und sie ein größeres Maul haben.
Süßlippen sind nachtaktive Fische und stehen den ganzen Tag je nach Art vor, über oder unter den Korallen oder sonstigen geschützten und schattigen Plätzen. Die auffällige Orientalische Süßlippe zeigt überhaupt keine Scheu wenn sie mit vielen Artgenossen vor den Korallen reglos vor sich hindämmert. Die Harlekin-Süßlippe dagegen hält sich lieber tiefer unter großen Korallenblöcken auf und steht nur mit drei oder fünf Artgenossen zusammen. Sie ist bei Weitem scheuer. Beide Arten sind aber häufig auf den Malediven. Mit der Dämmerung treibt sie der Hunger über das Riff auf der Suche nach Muscheln, Schnecken, Würmern und Krebsen, die sie mit ihrem kräftigen Gebiss mühelos aufbrechen können.
In der Jugend sind Süßlippen auffällig gefärbt, oft richtig bunt. Erwachsene Süßlippen sind bei fast allen Arten nicht mehr so farbenfreudig, was mit ein Grund sein mag, warum es so schwierig ist, Süßlippen zu bestimmen. Das fängt schon mit der Nomenklatur an. Einige sagen, die Süßlippen Plectorhynchidae (früher auch Gaterinidae genannt) und die Grunzer Haemulidae (früher auch Pomadasydae) wären zwei eigenständige Familien. In " Smith's Sea Fishes " von
Systematik der Süßlippen und Grunzer
Ord: Barschartige Perciformes Fla Raiverimas Marignan
Fam. Süßlippen und Grunzer Haemulidae Sweetlips
UFam. Süßlippen Plectorynae
Gat. Diagramma
Art Silbersüßlippe Diagramma pictum Painted sweetlips Kandu Diagramme voilier Koro-dai
Gat. Plectorhinchus
Art Harlekinsüßlippe Plectorhinchus chaetodontoides Harlequin sweetlip Kandu guruwa Diagramme arlequin Chocho-koshodai
Art Orientalische Süßlippe Plectorhinchus orientalis Oriental sweetlip Kandu guruwa Peau d'ane canal Shima-koshu-dai
Art Braune Süßlippe Plectorhinchus nigrus Brown sweetlip Koro-koshodai
Art Weißbänder-Süßlippe Plectorhinchus playfairi Whitebarred rubberlipp Kandu Diagramme rayons de soleil Lobodu mas
Größe: 50 cm, Tiefe: 4 m Kuramathi, Rasdu - Atoll, 1988
Eine Schule Orientalischer Süßlippen verdämmert den Tag
Familie Süßlippen - Haemulidae
Silbersüßlippe Diagramma pictum (Thunberg, 1792)
E: Painted sweetlips, F: Diagramme voilier, J: Koro-dai, D:
Größe: 30 cm, Tiefe: 4 m Helengeli, Nord-Male-Atoll, 1989
Silbersüßlippe Diagramma pictum (Thunberg, 1792), nachts aufgestöbert
Gat. Grunzer Haemulinae
Ausgewachsen sind diese bis zu 100 cm groß und 6kg schwer werdenden Fische silbergrau. Sie stehen dann nach Süßlippenart einzeln oder paarweise träge den Tag verdämmernd vor der Riffkante. Wie bei allen Süßlippen sind die Geschlechter äußerlich nicht zu unterscheiden, sie sind sogar gleich groß. Warum die jungen Süßlippen so ein unterschiedliches Aussehen haben, ist nicht bekannt. Sie sind sehr scheu und sie verweilen nie an einer Stelle. Eilig ziehen sie über die flachen Riffteile. Die erwachsenen Tiere leben zwischen 1 und 170 m Tiefe, werden kommerziell geangelt und sind als Speisefische geschätzt. Sie sind selten an den Inseln der Malediven.
Mit dem Einbruch der Dunkelheit werden die Süßlippen munter und jagen nach Krebsen und Würmern. Mit ihren kräftigen Zähnen beißen sie jede noch so harte Muschel und Schnecke auf, die sie offenbar sehr gerne fressen.
Der Fisch im Bild schwamm nachts am Fuße der abgestorbenen Korallen bei Kuredu aufgeregt im Schein der Lampe herum. Er verbringt die Nacht wohl im Halbschlaf, immer bereit zur Flucht.
Vorkommen: Gesamter Indopazifik, nicht im Roten Meer.
Harlekinsüßlippe Plectorhinchus chaetodontoides Lacèpéde, 1801
E: Harlequin sweetlip, F: Diagramme arlequin , J: Chôchô-koshôdai, D: Kandu guruwa
Größe: 60 cm, Tiefe: 2 m Medhufushi, Süd-Nilandu-Atoll, 1999
Harlekinsüßlippe Plectorhinchus chaetodontoides, Lacèpéde, 1801
Diese Süßlippe, im Deutschen auch Gepunktete Süßlippe genannt, ist den ganzen Tag lang unter großen und markanten Pilzkorallen mit guten Versteckmöglichkeiten zu finden. Sie sind scheu und lassen sich nur ungerne stören. Oft sind mehrere Fische dicht beieinander. Sie dösen dort vor sich hin und warten auf die Nacht. Ihre gestreiften Verwandten, die Orientalischen Süßlippen, tun es genauso, nur im freien Wasser vor der Koralle. Mit Einbruch der Dunkelheit gehen beide Arten auf die Jagd. Sie leben von Würmern, Muscheln, Schnecken und Krebsen. Ausgewachsen werden sie bis zu 70 cm groß und 7 kg schwer. Sie leben an Korallenriffen bis hinunter in 35 m Tiefe.
Der Farbwechsel beim Heranwachsen ist dramatisch. Sind sie 5 - 6 cm lang, ist die Grundfarbe rotbraun mit weißen Flecken, die schwarz umrandet sind. Später haben sie unregelmäßig verteilte große braune Flecken auf weißem Grund und ausgewachsen bekommen sie dann erst die vielen kleinen braunen Punkte.
Vorkommen: Indo-Westpazifik.
Riesensüßlippe Plectorhynchus obscurus (Günther, 1872)
E: Gigant sweetlip
Größe: 1 m, Tiefe: 5 m Kuredu, Faddhippolhu-Atoll, 1998
Riesensüßlippe Plectorhynchus obscurus (Günther, 1872)
Selten sieht man diese größte Art der Süßlippen - die Tiere werden immerhin bis zu 1 m lang und bringen 15 kg auf die Waage - als Schnorchler. Normalerweise stehen sie träge über dem Boden in Tiefen zwischen 2 und 50 m. Dort suchen sie nach Muscheln, Krebsen, Schnecken und Würmern. Sie sind standorttreu.
In dem Kanal zwischen Rasdu und Kuramathi, in dem je nach Stand von Ebbe und Flut eine ziemliche Strömung wie in einem Gebirgsfluss herrschen kann, ist seit 15 Jahren immer das gleiche Paar in ca. 12 m Tiefe über dem Zwischenriff anzutreffen. Es war richtig schön, nachdem ich 8 Jahre nicht auf dieser Insel war, sie genau an der gleichen Stelle wiederzusehen, obwohl dort von den Rasdu-Bewohnern viel geangelt wird. Sie sind so erfahren, dass sie nicht auf Köder und Haken hereinfallen. Wegen der Strömung sind sie auch ungestört vor Schwimmern und Tauchern.
In diesen Jahren, in denen ich nicht auf der Insel war, hatte ich mich bei Freunden jedes Jahr erkundigt, ob sie noch dort sind. Sie sind es. Somit ist das meine längste Beobachtung von Fischen im freien Wasser. Wie alt mögen sie nun wirklich sein? Die beiden Bilder stammen allerdings von Kuredu. Dafür stehen drei der Riesen fast handzahm unweit des Anlegers in nur 5 m Tiefe jeden Tag an der selben Stelle und lassen sich putzen. Sie sind an Taucher und Schnorchler so gewohnt, dass sie sich nicht im geringsten stören lassen. Oft hält man die großen Fische für Zackenbarsche, zumal wenn sie im freien Wasser schwimmen.
Vorkommen: Ostafrika, Seychellen, Maskaren und Malediven.
Größe: 1 m, Tiefe: 5 m Kuredu, Faddhippolhu-Atoll, 1998
Orientalische Süßlippe Plectorhinchus orientalis (Bloch, 1793)
E: Oriental sweetip, F: Prau d'ane canal, J: Shima - koshu - dai, D: Kandu guruwa
Größe: 50 cm, Tiefe: 8 m Kuramathi, Rasdu-Atoll, 1997
Orientalische Süßlippe Plectorhinchus orientalis (Bloch, 1793)
Junge Orientalische Süßlippen sind erstaunlicherweise dunkelbraun. Sie haben große weiße Flecken, die gelb umrandet sind. Die Streifen bilden sich erst später und werden mit zunehmendem Alter immer zahlreicher. Sie werden bis 86 cm groß und leben zwischen 2 und 25 m Tiefe. Ihre Nahrung besteht, wie bei allen Süßlippen aus Würmern, Krebsen, Muscheln und Schnecken.
Meistens stehen diese auffallenden Fische in kleinen Schulen unter oder neben Schirmkorallen oder anderen Überhängen. Immer ist irgendwo Deckung in der Nähe. Selten begegnet man Einzelgängern. Sie verdösen den Tag und zeigen keinerlei Aktivitäten. Oft sind sie parallel zueinander ausgerichtet und strahlen Ruhe und Ordnung aus im quirligen Durcheinander am Riff. Sie sind nicht sehr scheu und lassen Schwimmer nahe herankommen. Trotzdem habe ich immer ein schlechtes Gewissen, wenn ich sie mal gestört habe und sie sich meinetwegen behäbig zur Seite bewegen müssen. Schließlich waren sie die ganze Nacht „auf den Flossen“ und schlafen jetzt mit offenen Augen. Es ist einer der auffallendsten und häufigsten Fische auf den Malediven.
Schwer sind die jungen Süßlippen am Riff zu finden und noch schwerer zu identifizieren. Ein äußerst scheuer und seltener Vertreter der Süßlippen schwamm hier in einer eigenartig schlängelnden Bewegung vorbei und es sah so aus, als käme der Fisch trotz aller Anstrengung nicht vorwärts. Die auffallende gelbbraune Zeichnung mit den rundlichen Flecken, wie auf dem großen Bild zu sehen ist, wandelt sich mit dem Wachstum langsam in Streifen um.
Ein Zwischenstadium hat der Fisch auf dem Bild unten erreicht. Aufgrund der einzigen Aufnahme aus ungünstiger Perspektive, die ich von der einmaligen und überraschenden Begegnung machen konnte, ist nicht mit Sicherheit zusagen, ob es sich hier wirklich um die Orientalische Süßlippe handelt, da sich einige Süßlippenarten in diesem Stadium sehr ähneln.
Vorkommen: Indopazifik.
Braune Süßlippe Plectorhinchus nigrus (Cuvier, 1830)
E: Brown sweetip, J: Kuro - koshudai, D: Kandu
Größe: 10 cm, Tiefe: 0,2 m Ellaidhoo, Ari-Atoll, 1994
Braune Süßlippe Plectorhinchus nigrus (Cuvier, 1830)
Früh aufstehen lohnt sich. Kurz nach Sonnenaufgang am Ufer dümpelte ein Blatt im Wasser. Aber warum dümpelte es? Die See war doch hier spiegelglatt. Immer wieder stupste das braune Etwas mit der Spitze in den Sandboden. Ein Fisch, unmittelbar am Ufer! Es war nicht leicht, in so einem flachen Wasser die Kamera unter die Oberfläche zu bekommen.
Zwei Fotos aus 60cm Entfernung waren möglich - eine kleine Sensation. Nirgends im Netz ist im Dez. 07 ein anderes Foto zu finden. Einzig im Dr. Burges Atlas der Meerwasserfische (Seite 284, Fam. 320) ist ein weiteres und ermöglichte die Identifizierung. Selbst Fishbase hat kein Bild (Ref. 559). Dort steht nur, dass die Männchen bis 45 cm groß werden, das Vorkommen und der Name in Japanisch ist zu entnehmen, sonst nichts.
Weißbänder-Süßlippe Plectorhinchus playfairi (Pellegrin, 1914)
E: Whitebarred rubberlipp, F: Diagramme rayons de soleil, J: Shima, D: Lobodu mas
Größe: 20 cm, Tiefe: 6 m Kuramathi, Rasdu-Atoll, 1987
Weißbänder-Süßlippe Plectorhynchus playfairi (Pellegrin, 1914)
Diese gestreifte Süßlippe schwimmt meist allein durch die flachen, tiedenabhängigen Gewässer auf der Suche nach Futter. Sie ist an allen Inseln recht häufig, ziemlich scheu und immer in Bewegung. Dadurch unterscheidet sie sich sehr von den anderen Süßlippenarten, die ja gerne den Tag träge irgendwo verdösen und es bedarf schon einer guten Beobachtungsgabe, ihre dicken Lippen auszumachen und sie so dieser Familie zuordnen zu können. Diese Art passt eigentlich so gar nicht in diese Familie. Der Körper ist viel kleiner, er ist tagaktiv und schwimmt schnell übers Riff. So hat es auch über 100 Jahre länger gedauert, bis er in die Familie aufgenommen wurde.
Bis 80 m Tiefe erstreckt sich ihr Lebensraum und bis 90 cm wird sie groß. Sie lebt wie die meisten Süßlippen von Krustentieren und Mollusken.
Vorkommen: Westlicher Indischer Ozean, vom südlichen Teil des Roten Meeres, der Küste Ostafrikas, Madagaskar, dem Arabischen Meer bis zu den Malediven.
Vorkommen: Vom Roten Meer bis Taiwan.