Brandenburg

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Potsdam: Der Telegrafenberg

Potsdam, Wissenschaftspark Albert Einstein auf dem Telegrafenberg

Ausschnitt vom Dach des Großen Refraktors - wie aufwendig und schön konnte man 1896-1899 bauen!

Auf dem 94 m hohen Berg, dem Saarmunder Endmoränenbogen, wurde 1832 auf einem 6 m hohen Holzmast ein optischer Zeigertelegraf aufgestellt. Es war der 4. Mast auf der 550 km langen Preußischen Staatstelegrafenlinie mit nur 62 solcher optischen Zeigermasten bis nach Koblenz - wahrscheinlich nur mit äußerster preußischer Disziplin zu betreiben. 1852 ging es dann elektrisch und irgend wann mit dem Morsealphabet weiter.

Ab 1874 wurde hier ein Wissenschaftspark angelegt. Die Forscher und die Institute erlangten schnell weltweite Bedeutung. Es entstanden hier, beeinflusst vom klassizistischen Stil Schinkels, Bauten, ausgeführt mit gelben Klinkern, die locker im weitläufigen englischen Landschaftsgarten gruppiert sind. 

Es waren damals und heute die folgenden Institute:

Ab 1874:

1876-1879: Astrophysikalisches Observatorium

1889-1892: Godätisches Institut Potsdam

1892-1893: Godätisches-Astronomisches Observatorium

1888-1893: Magnetisches Observatorium

1896-1899: Großer Refraktor

1919-1924: Einsteinturm

heute:

heute: Michelsonhaus, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung

heute: Helmerthaus

heute: Helmertturm

heute: Süringhaus

seit 2006 renoviert, Ausstellung über Astrophysik in Potsdam

heute: Spektometer zur Sonnenbeobachtung

In dem wunderschönen englischen Landschaftsgarten ist seit der Wende viel passiert. Viele Neubauten in gleichem Stil sind entstanden. Seit 1992 arbeite auf dem historischen Telegrafenberg in Potsdam folgende renommierte Institute wieder. Es sind:

Ab 1992 im Wissenschaftspark Albert Einstein:

Deutsches GeoForschungsZentrum

Astrophysikalisches Institut Potsdam

Alfred-Wegner-Institut für Polar- und Meeresforschung

Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung

Großer Refraktor

An damals noch unbekannten Sternen wurden Spektrum, Geschwindigkeit und Masse bestimmt.

Man mag es kaum glauben: Es wurde 1899 von Kaiser Wilhem II. eingeweiht und es ist immer noch das 4. größte Linsenteleskop der Welt. 

Als Erich Mendelson 1920 den Auftrag bekam für ein Sonnenteleskop eine Hülle zuschaffen, ahnte keiner, dass eines der expressionistischsten Gebäude der Welt herauskommen sollte.

Leider erahnte auch keiner die Folgekosten. 

Obwohl die atemberaubenden Formen des Turmes wirken, als seinen sie in einem Stück in Beton gegossen, ist der Turm in damals nicht beherrschbarer Mischbauweise errichtet worden. 

Der Turm zerfiel genau so schnell, wie er zwischen 1920-22 (Eröffnet: 06.12.1924) gebaut wurde.

Grund waren die unterschiedlichen Ausdehnungen der verwendeten Materialien. Durch die genaue Nord-Südausrichtung heizen sich die Süd- und Westseite stark, die Nord- und Ostseite nie auf.

Da das Haupthaus aus Ziegel gemauert ist, der Kuppelkranz und die Außenmauern der Anbauten aus Beton, deren Dächer aber in Lochziegeln ausgeführt sind, wurde der Verfall gleich mit eingebaut.

Hinzu kommt, dass die Mauern auch noch in der Stärke zwischen 30 cm und 180 mm schwanken.

Rissbildungen und thermische Spannungen sind so für immer unvermeidlich.

Erst der aufgebrachte Spritzguss last das Gebäude als ganzes erscheinen.

Keine 5 Jahre nach der Eröffnung erfolgte die erste Sanierung. 1937 war der Prismenspektograph so von Pilzen befallen, dass er ausgebaut werden musst. 

1941 war die nächste Generalüberholung fällig. 1945 rissen Luftminen Teile des Hauses weg. Dann gab es Sanierungen in den Jahren 1950, 1958,1964, 1974, 1978, 1984.

Seit umfangreichen Sanierungen Anfang der 90ger Jahre hofft man (u.a. durch Hohlraumkartierungen) die Probleme wenigstens einiger Maßen im Griff zu haben - wenn man oft genug saniert natürlich und "Verschlimmbesserungen" vermeidet.

Ach ja, über das schwärmen für das einzigartige Gebäude fast vergessen: Geforscht wurde ja auch! 

Es sollte eine der Theorien Einsteins zu seiner Relativitätstheorie bewiesen werden - was nicht gelang, aber später doch zu Erkenntnissen über Atmosphäre und Magnetfeld der Sonne führte.

Er leistete unter anderem grundlegende Arbeiten über Schwarze Löcher und die erste exakte Berechnung der Allgemeinen Relativitätstheorie Einsteins. 

Blick auf das Michelsonhaus vorbei am Großen Refraktor

Im Großen Refraktor ist seit 1994 eine Ausstellung über Astrophysik in Potsdam zu sehen.

Großen Refraktor

Michelsonhaus

Das Michelsonhaus (zusammen gesetzt aus 3 hochkant Teleaufnahmen)

Michelsonhaus

Die Rückseite des Michelsonhauses. Wie schön doch Klinker sein können...

...sie sind auch an Häusern, die über 100 Jahre alt sind, viel heilbarer als heutige Werkstoffe.

Die Klinker der Gebäude brauchten nur gesäuert und vielleicht neu verfugt werden. 

Sie werden nach weiteren 100 Jahren noch so aussehen, wenn keiner mehr weiß was oder wer die DDR war, die nur davon lebte dass die Altvorderen so gut gebaut haben...

Rückseite

Einsteinturm

Der Einsteinturm 

Details

Sieht beinahe aus wie ein Schiffsbug

Selbst Betonstufen haben bei Mendelson eine nie gesehne Anmut bekommen

An dem Gebäude ist alles anders...

...jedes Detail verblüfft

Hier wurde schon 1904 von Johannes Hartmann die interstellare Materie nachgewiesen und so festgestellt, dass der Raum zwischen den Sternen nicht leer ist.

Von 1904 bis 1916 war Karl Schwarzschild der Direktor des Astrophysikalischen Observatoriums Potsdam. 

Das ehemalige Astrophysikalisches Observatorium beherbergt heute das 1992 gegründete Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). 

In den Zeiten des Klimawandels ein wichtiges, nicht enden wollendes Thema. Hier forschen mehr als 200 Sozial-, Natur- und Wirtschaftswissenschaftler unter einem Dach. Ihr Arbeitsplatz dürfte ziemlich Zukunftssicher sein...

Geforscht wird in den Fachgebieten Metrologie, Klimatologie, Ökologie, Ökonomie und Geographie. Bekommt man da nicht Lust noch einmal anzufangen? 

Der Großen Refraktor. Das erste Bild am Anfang oben zeigt den Übergang vom Mauerwerk zur Kuppel.

Ist die Forschung mal daneben gegangen, hier hatte man wenigstens die genaue Sonnenzeit!

Helmertturm

Südlich vom Turm stehen die Reste vom Merianhaus

Ist man das erste Mal auf dem Gelände, hält man diesen leicht vergammelten wirkenden Turm für einen alten Wasserspeicher oder ähnliches. Erst beim Nachlesen erfährt man staunend die wahre Bedeutung.

Es ist ein astronomisch-geodätischer Beobachtungsturm der für die Landesvermessung und für das "Potsdamer Datum" Bedeutung hatte (s. Link unter dem Bild).

Benannt wurde er nach Friedrich Robert Helmert, seit 1886 Leiter des Geodätischen Institutes. Er gab 1892 den Anstoß für den Bau des Observatoriums.

Der Helmertturm von der Südseite aus gesehen

Der Eingang zum Merianhaus

Ziemlich alt der Baum am Turm

Die hässlichen Köpfe - nicht mal in Bronze! - kann man auch als Beleidigung der Wissenschaftler auffassen, die hier gewirkt haben oder hier noch forschen!

Es sind die hochstilisierten Helden des verflossenen Regimes des Arbeiter- und Bauernstaates: Sie sind um die Erde geflogen. Na und? Wo ist da die geistige Leistung um in der Nähe eines Schwarzschild oder eines Einsteins stehen zu dürfen?

Ab mit ihnen in den Eingang der nächsten "Ostalgiemesse"!

Helmerthaus