BERLIN - MITTE

  Berlin

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Alles Mitte, oder was?

Vom Schloss Bellevue zum Hackeschen Markt

Nördlich des Straßenzuges 17. Juni / Unter den Linden
Schloss Monbijou

Schloss Monbijou

Das Schloss Monbijou auf einem 

Gemälde von 1740 (aus Wikipedia)

Manche Dinge gehen einfach schief und dann richtig und für immer. In diesem Schloss soll nie ein Bewohner so richtig glücklich geworden sein. Dabei heißt Monbijou doch „Mein Juwel".


Das Gelände zwischen der Spree und der heutigen Oranienburger Straße diente Ende des 16. Jahrhunderts den Kurfürsten als Garten. Nachdem der 30-jährige Krieg und die Pest die Bevölkerung Berlins auf nur noch 6.000 Bewohner hat schrumpfen lassen, verwilderte er. 1670 bekam die Kurfürstin Dorothea ihn geschenkt.


Die Kurfürstin Sophia Charlotte erhielt ihn 1689. Als sie starb, ging der Garten wieder an eine Frau. Es war die Ehefrau des Staatsministers Graf von Wartenberg am Hofe des Königs Friedrich I. Sie ließ sich von dem Architekten Eosander von Goethe ein kleines Lustschloss entwerfen, die Keimzelle des späteren Schlosses Monbijou.


Die Planungen begannen 1703 und das hübsche Haus war 1710 fertig, in dem Jahr, in dem der Gemahl am Hofe in Ungnade fiel. So geht es Günstlingen wohl häufig. Sie verkaufte es an König Friedrich I., dem "Soldatenkönig" und der schenkte es der damaligen Kronprinzessin Sophia Dorothea, die er später heiratete. Als Königin erweiterte sie Park und Schloss und gibt beiden den Namen "Mein Juwel", Monbijou.


Gar nicht preussisch-sparsam ging es nun zu: ein Springbrunnen, der seine Energie von im Kreis laufenden Pferden erhielt, Laubengänge, ein japanisches Lusthaus und ein römisches Bad zeugten von einer gewissen höfischen Pracht.


Als Sophia Dorothea starb, blieb das einstöckige Schloss lange Jahre leer stehen, bis die Russen kamen und sich tief ins Gedächtnis der Berliner negativ einschrieben; bei einigen bis heute. 1717 besuchte Zar Peter I. Berlin und wählte sich mit seinem Gefolge das zentral liegende Schloss als Quartier. Die Russen haben so wüst darin gehaust, dass das gesamte Innere des Schlosses komplett wieder neu ausgebaut werden musste. So sind die Russen den Berlinern auch in Erinnerung geblieben, auch wenn das Desaster mehr als 300 Jahre zurückliegt. Jedenfalls hinterließen sie bleibende Eindrücke. Alle Dienstmädchen, Wäscherinnen und Köchinnen hatten dicke Bäuche.


Im Auftrag von Friedrich II. erweiterte Knobelsdorff das Schloss für des Königs Mutter. Nach deren Tod stand das schmucke Anwesen mehr als 3 Jahrzehnte leer. Bis Friedrich Wilhelm II. seine 2. Frau, Frederike Louise, hier hin regelrecht abschob. Die Winter lebte sie in Monbijou und die Sommer im Schloss in Niederschönhausen. Noch eine Frau, noch kein Glück auf Monbijou.

Restliche originale Bebauung am Park: Monbijoustraße 4

1819, am 25. April, wird im Tanzsaal des Schlosses eine musikalische Bearbeitung der Schlüsselszenen von Goethes Faust aufgeführt. Sie gilt als die Uraufführung. 


Ende des Jahrhunderts machen die Hohenzollern ein Museum aus dem Schloss und stellen Möbel und Bilder aus.


Im Zweiten Weltkrieg wird, als eine Bombardierung der Stadt immer wahrscheinlicher wird, zwischen 1941 und 1943 mitten im Park einer der schweren Bunker gebaut. Er wird nie richtig fertig, rettet aber den Menschen der Umgebung das Leben. Das Schloss wird von einer Bombe getroffen, aber nicht so schwer beschädigt wie das Stadtschloss. 


Trotzdem beschließen die Idioten der DDR-Führung 1960 den Abriss des Schlosses. Ihre Ästhetik beim Bauen reichte nur für Plattenbauten.

So liest sich konkrete Geschichte im Kleinen erlebt und erzählt. Geschichte mit Oma erlebbar macht auch das Geschichte Quiz auf der Website gut-erklaert.de. Überhaupt sollte erlebte Geschichte eine größere Rolle in den Schulen spielen, denn vieles was wir heute um uns herum sehen, wird durch den Blick in die Historie viel spannender und bekommt einen neuen Sinn.

Nach dem Krieg stand nur noch die Fassade von einem Nebengebäude, parallel zur Oranienburger Straße bis an die Monbijoustraße heran. Die Mauer aus roten Backsteinen wurde gekrönt von einem kleinen Fensteraufbau im 3., dem obersten Stock. Da drinnen hing eine kleine Glocke. Sinnlos, weil niemand mehr herankam, sie zu läuten. Sie war vom Fenster aus der Krausnickstraße 24 zu sehen.

Die Monbijoustraße ist von der Kreuzung Oranienburger Ecke Krausnickstraße bis zur Spree gerade mal 220 m lang.

Monbijoustraße

Ehem. Hofbeamtenhaus, Monbijoustraße 4

Die Aufnahme ist zwar vom Dezember 2006, strahlt aber noch das Flair der untergegangenen DDR aus. Da gab es wirklich nicht einen einzigen Farbtupfer in der gesamten Oranienburger Straße.


Es ist das unter Denkmalschutz stehende Hofbeamtenhaus. Es wurde 1911/1912 gebaut. Ein Wunder, dass es den 2. Weltkrieg überstanden hat. Stand doch gleich nebenan im Monbijupark ein nicht fertig gewordener Bunker, der allen hier das Leben gerettet hat. Anfang der 50er Jahre bissen sich russische Sprengmeister an dem Ding die Zähne aus.

Ehem. Haupttelegrafenamt (HTA), Monbijoustraße 1
Dez .2006
Das ehemalige Haupttelegrafenamt siehe hier
Monbijouhaus, Monbijoustraße 2 
März 2020

Das Monbijouhaus gehörte ebenfalls zur Charité-Frauenklinik. Es wurde 1902 bis 1906 im strengen Stile des Neobarock erbaut. Der jetzige Name „Residenz Monbijou“ und die einmalige Lage deutet auf etwas teuere Kauf- oder Mietpreise hin - wahrscheinlich mit die höchsten in Berlin.

Ostseite des gewaltigen Baukörpers
Mai 2021

Südseite zur Spree hin. Wie schön müssen im Monbijouhaus die Räume sein. 


Wie kann man so einen soliden Bau aus dem Besitz der Stadt Berlin an Privat verkaufen? Für einen Appel und ein Ei? Kauft die Stadt das mal wieder für den 10-fachen Preis zurück? Man ist doch sehr misstrauisch geworden, das Vertrauen in die Politik ist verloren. 

Juli 2016
Schöner Wohnen für Millionäre

Simon Palais, Monbijoustraße 2a

Januar 2012
Januar 2012

Das Ida-Simon-Haus ist dagegen im wilhelminischen Neobarock von 1909 bis 1911 erbaut worden. Hier wurden die wohlhabenden Damen der „besseren Gesellschaft“ von der Charité-Frauenklinik in der Ziegelstraße behandelt, eine Privatklinik sozusagen. 


Nett umschrieben: „Für Frauen der verfeinerten Lebensart“. Die attraktive Lage spricht dafür. Die Krankenzimmer mit kleinen Balkonen liegen auf der Südseite. Nach Norden waren die Behandlungs- und Wirtschaftsräume ausgerichtet.

Ursprünglich war es dreigeschossig und wurde nach 1945 um ein 4. Geschoss erweitert. Heute nennt es sich Simon Palais - bei der Lage natürlich ebenfalls für die „besseren Gesellschaft“.
Juli 2015
Nein, da leben jetzt wirklich keine Kranken mehr
Wer war Ida Simon?

Ida Simon, geb. Leweß (auch Lehwess), geboren (circa)1839 in Berlin, gestorben am 3. August 1906. Sie verfügte testamentarisch, dass 300.000 Mark für eine Stiftung zur „Unterstützung solcher Frauen und Mädchen, ohne Unterschied des Glaubens, bestimmt, welche mit akuten oder chronischen Frauenleiden behaftet sind.“ (Stürzbecher 1994 S. 294).

Es ist über diese Philanthropin so gut wie nichts im Internet zu finden. Jedenfalls hat sie nichts mit James Simon zu tun, der die Nofretete den Museen schräg gegenüber gespendet hat.
März 2020
Jetzt: Simon Palais

Man kann sich einmieten. Exklusive ein- oder zweistöckige „Stadtwohnungen“ mit Blick auf die Spreedampfer, äh, auf das Bode-Museum inklusive. Nett ist das kleine Literaturcafé an der Spree. 

De gesamte Komplex gehört zum Forum an der Museumsinsel. Das ganze Areal hat 100.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche, Platz für 14 überdachte Fußballfelder. Der Investor ist Ernst Freiberger.


April 2020
Mai 2021
Sunny Side, East

Monbijoubrücke

Apr. 2010
Die Monbijoubrücken im Mai 2008. Rechts die südliche über dem Kupfergraben.
Mai 2021
 Zweifelsohne ist die neue Nordbrücke schön. Sie schwingt sich elegant über die Spree, wirkt mit ihrer Breite und dem steinernen Geländer elegant. Kein Autoverkehr stört die Ruhe. Wo gibt es das sonst noch?

Wenn man die beiden Brücken genauer anschaut , merkt man aber, dass da was nicht stimmt. Die Nordbrücke ist verkleidet wie eine steinerne Rundbogenbrücke? So wie die Südbrücke? Da tragen die Steine die Brücke wirklich.

Da hat die Neue wohl ein Stahlgerüst und die Verkleidung an den Brückenpfeilern gaukelt nur eine Rundbogen vor.
Der nördliche Teil der Monbijoubrücke kurz nach der Einweihung 2006. 
Kandelaber
Apr. 2010
Blick über die nördliche Monbijoubrücke entlang der Monbijoustraße
Die Säulen sind aus Granit. Die Verzierungen sind ein Bronzeguss die auch die Kugelleuchten einfassen.

Ob es Originale sind?
Wann die erste Brücke hier über die Spree gebaut wurden, ist nicht bekannt. Der Name war Große Chausseebrücke. Sie verband die Insel mit dem Schloss Monbijou und deren Küchengärten und später mit der der Spandauer Vorstadt.

Sie wurde 1776 wieder mit Holz erneuert. Da von der Inselspitze, wo heute das Bode-Museum steht, ein Damm zum Schloss führte und der mit Weiden gesäumt war, bekam sie den Namen Kleine Weidendammer Brücke.

Diese hielt aber nur bis 1820. Da wurde eine Klappenbrücke errichtet. Als 1866 der Bau der Nationalgalerie begann, fiel der Damm weg. Gleichzeitig entstand auf der Insel ein Mehlhaus. Fortan hieß sie Mehlbrücke.

Bis 1904. Ernst von Ihne hatte 1897 den Auftrag bekommen, das heutige Bode-Museum und zwei steinerne Brücken über die Spree und den Kupfergraben zu bauen. Von nun an hieße sie Monbijoubrücken. 

Da sie sehr repräsentativ ausgeführt wurden, galten sie damals als die teuersten Brücken Berlins. Sie kosteten nach heutiger Währung kaufkraftbereinigt 5,65 Millionen Euro.

Kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges sprengte die Wehrmacht die nördliche Brücke und auch die Brücke im Zuge der Tucholskystraße (damals Artilleiestraße), die heute noch ein Provisorium ist. 

Nach Kriegsende wurden über die abgetragene Monbijoubrücke nur die Versorgungsleitungen wieder hergestellt. Für uns Jungens war es eine Mutprobe über das dicke Entwässerungsrohr und die Kabelbündel zu balancieren. Ein Geländer gab es nicht. 

Man konnte die Schiffer auf den Kähnen mit den Bruchbriketts (die bekamen die Ostberliner zentnerweise einfach vor die Haustür gekippt - die ganzen Briketts kamen nach Westberlin gegen DM) zur Weißglut bringen. Wenn man das machte, wie sie hießen.

Eine Fußgängerbrücke aus Eisen mit Holzbohlen gab es erst sehr viel später. Die neue Brücke wurde erst am 12. Oktober 2006 eingeweiht. Die Wende machte es möglich, daß viele Originalteile verwendet werden konnten. 
Juli 2021
Blick über die nördliche Monbijoubrücke entlang der Monbijoustraße
April 2021
Könnte heute eine Firma so etwas noch bestellen?
April 2020
So hat man die Spree von der Monbijoubrücke aus noch nie gesehen. In Coronazeiten ist es plötzlich möglich. Sonst rühren um diese Zeit (Sonntag, 11:41 Uhr, 25. April 2020) schon hunderte Schiffsschrauben das Wasser um. So schön kann Berlin sein. Das Gebäude links ist fast immer eine Kaserne gewesen: siehe nächste Seite.
Literaturverzeichnis Berlin